Uchronie des Ukrainekriegs: Antoine Rault
Der chorale Roman „L’Angle Mort du Destin“ von Antoine Rault (2025) präsentiert in seiner uchronischen Struktur zwei alternative Szenarien für die Schicksale seiner Figuren, die in Kiew oder Moskau leben und mit ihren Karrieren und persönlichen Ambitionen beschäftigt sind. Szenario A („Ce qui n’arriva pas“) beleuchtet eine Welt des Friedens, in der die russische Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 ausbleibt, wodurch die Protagonisten sich mit den moralischen Kompromissen, dem Opportunismus und der Korruption des postsowjetischen Alltags auseinandersetzen müssen. Im drastischen Kontrast dazu steht Szenario B („Ce qui arriva“), welches die tatsächliche Invasion nachzeichnet und zeigt, wie dieser historische Bruch die Leben der Charaktere radikal verändert, sie zur Flucht, zum Widerstand und zu existentiellen Entscheidungen zwingt. Die Konfrontation dieser zwei Szenarien erzeugt einen wahrhaftigen Schwindel, indem sie das Ausmaß misst, mit dem Entscheidungen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, die Existenz der Individuen bestimmen. Durch die Gegenüberstellung von Fiktion und Realität wirft das Buch ein hartes, aber enthüllendes Licht auf unsere menschliche Verfassung und untersucht die Freiheit und Determination im Angesicht der Geschichte.
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