Künstlerroman und tiefes Selbst: Patrice Jean

Der Artikel porträtiert Patrice Jean in seinen Romanen als kompromisslosen Verteidiger der literarischen Autonomie in einer Zeit, in der der Roman von Ideologie und Markt gleichermaßen bedroht ist. Im Anschluss an Balzacs „Illusions perdues“, die die „Kapitalisierung des Geistes“ entlarvten, wird gezeigt, wie Jean diese Diagnose auf die Gegenwart überträgt: Heute gefährden Militantismus, moralischer Aktivismus und die Logik der Sichtbarkeit die Freiheit der Literatur. Jeans Romane – von „La France de Bernard“ bis „La vie des spectres“ – stellen Schriftstellerfiguren ins Zentrum, die in Einsamkeit und Skepsis das „tiefe Selbst“ gegen das „soziale Ich“ behaupten. Literatur entsteht dort, wo Konversation und Konformismus enden – als Suche nach der unsichtbaren, inneren Wahrheit des Individuums. Die Argumentation entfaltet sich als kritische Bestandsaufnahme der geistigen Lage der Gegenwart: Patrice Jeans Künstlerromane sind nicht nostalgisch, sondern rebellisch; sie reagieren auf den Verlust des Tragischen und Ambivalenten in der Kunst. Gegen die glättende Moral des „engagierten“ oder „feel-good“-Romans setzt Jean den Roman als Erkenntnisform, die Widersprüche und Dunkelzonen sichtbar macht. Damit führt die Rezension Jean in die Linie Balzacs zurück, verschiebt den Konflikt aber von der ökonomischen zur existenziellen Ebene: Die wahre Krise der Literatur liegt nicht mehr im Markt, sondern in der Verflachung des Selbst. Der Künstlerroman wird so zur Bühne einer inneren Revolte gegen Ideologie und Sentimentalität.

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