Die Verleihung des Prix Goncourt im Jahr 2024 für seinen Roman Houris führte zu heftigen Angriffen gegen Kamel Daoud. Der Autor schreibt, dass dieser Preis die Wiederbelebung des Verräter-Stereotyps mit „beispielloser Gewalt“ („violence inouïe“) in der islamistisch-konservativen Presse zur Folge hatte. Die Presse verwendete sogar die unvollkommene Homonymie seines Namens (Daoud) mit dem des mythischen Verräters Colonel Bendaoud bis zur Übertreibung, um ihn zu diskreditieren. Die Attacken dienten dazu, ihm erneut das Etikett des Abtrünnigen („renégat“), Dissidenten und Deserteurs anzuheften, weil er das „Wir“ für das ewig französische „sie“ („eux“) verlassen habe. Die polemische Verteidigung der Freiheit und Pluralität in Il faut parfois trahir kann als direkte und tiefgreifende intellektuelle Reaktion auf diese erneuten Diffamierungen und die damit verbundene identitäre Orthodoxie verstanden werden.
Kamel Daouds Abhandlung Il faut parfois trahir (Gallimard, 2025) stellt eine leidenschaftliche thesenhafte Verteidigung des Universalismus und der individuellen Freiheit dar und rechnet scharf mit jenen Kräften ab, die er als Hüter der nationalen Erstarrung und des Identitätskults ansieht. Die Argumentation entwickelt sich um die paradoxe Umkehrung des Begriffes „Verrat“, der zum Vehikel der Befreiung wird.