Non serviam. Politische Literatur heute: Alexandre Gefen

Alexandre Gefen möchte mit seinem Buch „La littérature est une affaire politique“ („Literatur ist eine politische Angelegenheit“) aufzeigen, dass Literatur – entgegen der oft verbreiteten Annahme, sie diene lediglich der Unterhaltung – grundsätzlich eine politische Angelegenheit ist. Ein zentrales Anliegen Gefens ist ein Fokus darauf, dass zeitgenössische französische Schriftsteller, obwohl sie die klassische Vorstellung von „engagierter Literatur“ ablehnen, keineswegs ästhetisch gleichgültig gegenüber den politischen Problemen ihres Landes sind. Vielmehr nutzen diese Autoren ihre Erzählungen sehr oft als Werkzeug zur Analyse von Ungleichheiten. Sie bedienen sich dabei Elementen der Autobiografie oder des Reportage, um soziale Diskurse zu hinterfragen und versuchen manchmal sogar, gesellschaftliche Krisen zu verlängern oder vorherzusehen. Damit weisen sie die Idee eines „Elfenbeinturms“ zurück, in den man sie einsperren möchte und den sie nicht länger ertragen. Sie erfüllen soziale Anforderungen, indem sie an literarischen Residenzen teilnehmen, zum Beispiel in Regionen, Krankenhäusern, Altenheimen oder mit Jugendlichen und Migranten. Das Buch enthüllt somit ein beeindruckendes Panorama einer „kämpferischen und modernen Literatur, die unsere Gesellschaft verändern möchte“.

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Frankreichs Topologie der Gewalt. Narrative Modellierungen im extrême contemporain: Markus Alexander Lenz

Die vorliegende Studie Die verletzte Republik: erzählte Gewalt im Frankreich des 21. Jahrhunderts (Mimesis 101, Berlin: De Gruyter Brill, 2022) widmet sich einer hochaktuellen und gesellschaftlich drängenden Thematik: der Darstellung und Reflexion von Gewalt in der französischen Gegenwartsliteratur. Der Autor, Markus Alexander Lenz, bietet eine tiefgehende Analyse aktueller Erzähltexte, die größtenteils in der zweiten Dekade …

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Das Übernatürliche als Ausdruck der Zeit im Roman: Anne-Sophie Donnarieix

Anne-Sophie Donnarieix‘ Monographie Puissances de l’ombre: le surnaturel du roman contemporain (Presses universitaires du Septentrion, 2022) bietet eine differenzierte Analyse der Präsenz des Übernatürlichen in der französischen Gegenwartsliteratur. Das Buch verfolgt das ambitionierte Ziel, die vielfältigen Erscheinungsformen und Funktionen des Übernatürlichen in einem literarischen Kontext zu verorten, der einerseits von einer Krise des Rationalismus gezeichnet …

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Soziale Verachtung in Frankreich: Rose Lamy

Rose Lamys Buch „Ascendant beauf“ (Aszendent Spießer, Seuil, 2025) befasst sich mit der sozialen Verachtung und Klassendominanz in Frankreich, insbesondere durch die Analyse der abfälligen Figur des „Beauf“, Inbegriff des Spießertums. Der Begriff „Beauf“ ist höchstwahrscheinlich eine Kurzform von „beau-frère“ (Schwager). Er wurde 1972 vom Comiczeichner Cabu als Comicfigur erfunden. Der Begriff „Beauf“ wird als Werkzeug der Dominanz beschrieben, das von den dominierenden Klassen verwendet wird, um die populären Klassen zu stigmatisieren und zu „entmenschlichen“. Der „Beauf“ wird im Gegensatz zum „Grand Duduche“ beschrieben, einer Figur, die der Comiczeichner Cabu als sein Selbstporträt schuf. Der Duduche ist idealistisch, humanistisch, gebildet, nicht gewalttätig, offen, feministisch, antirassistisch, wählt links oder extrem links. Dies verdeutlicht die dichotome Sichtweise.

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Patrick Chamoiseau in der neuen Weltordnung

Während Patrick Chamoiseau in seinem neuesten Buch „Que peut Littérature quand elle ne peut“ (2025) sein Werk und seine Thesen einerseits bekräftigt, stellt er sie in einer Reflexion über die veränderten politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen der Gegenwart zugleich neu zur Debatte. Patrick Chamoiseau bleibt vielen seiner Grundüberzeugungen treu, doch die Art und Weise, wie er die Welt betrachtet und interpretiert, hat sich deutlich verändert. Während er früher vor allem postkoloniale Fragen der Identität, der Kreolisierung und der kulturellen Hybridität in den Mittelpunkt stellte, erweitert er nun seinen Blick auf globale Herausforderungen wie Digitalisierung, algorithmische Steuerung von Wissen, ökologische Krisen und die Bedrohung durch totalisierende politische Narrative.

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Gespenster der Avantgarde: Wolfgang Asholt

Nach eigenem Verständnis des Avantgardeforschers und Romanisten Wolfgang Asholt ist „Das lange Leben der Avantgarde: eine Theorie-Geschichte“ als erster Versuch zu werten, nach Peter Bürgers „Theorie der Avantgarde“ (1974) und Paul Manns „Theory-Death of the Avant-Garde“ (1991) eine neuere Untersuchung der Avantgarde-Theorie vorzulegen, die ihre Entwicklung in historischen wie aktuellen Konstellationen und Artikulationen untersucht.

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Anderes Alphabet: William Marx

William Marx’ 2018 erschienenes Werk Un Savoir Gai ist nicht nur eine persönliche Reflexion über die homosexuelle Erfahrung; es stellt einen theoretischen Entwurf dar, der die Art und Weise, wie Wissen generiert und Weltwahrnehmung geformt wird, fundamental hinterfragt. Basierend auf der spezifischen „schwulen“ Existenzperspektive entwickelt Marx ein „schwules Wissen“, das etablierte heteronormative Erzählungen und gesellschaftliche …

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