Entwicklung im Negativ: Audrey Jarre

Audrey Jarres Debütroman „Les négatifs“ (2025) ist nicht nur ein Großstadtroman und eine Erkundung weiblicher Subjektivität, sondern zugleich ein Beitrag zur gegenwärtigen Literatur über das Sehen, Gesehenwerden und die Rolle der Bilder. Die fotografische Metaphorik durchzieht den gesamten Roman. Bereits im Motto – einem Zitat aus Roland Barthes‘ „La Chambre claire“ über die Fotografie als „micro-expérience de la mort“ – deutet Jarre an, dass ihr Text in engem Dialog mit der Bildtheorie steht. Die Fotografie wird nicht nur thematisch verhandelt, sondern strukturell implementiert. Erzählt wird die Geschichte der jungen Französin Alice, die ein Auslandspraktikum in New York absolviert und dort in eine intensive und zunehmend toxische Beziehung mit dem Fotografiestudenten Nathan gerät. Das narrative Grundmotiv des Romans ist das Sichtbar-Werden und zugleich das Sich-Entziehen. Zwischen dem Wunsch, sichtbar zu werden, Teil einer urbanen Bohème zu sein, und der Angst, sich selbst zu verlieren, schwankt Alice in einer Welt aus Kunst, Oberfläche, Emotionalität und Bildlichkeit. Die Beziehung zu Nathan, aber auch zu dessen charismatischer Freundin Léonore, wird zur Projektionsfläche für Alices Unsicherheiten und Sehnsüchte.

rentrée littéraire
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.