Saturn erscheint in fast allen Longlists für die Literaturpreise im Herbst. Die Romanschriftstellerin und Psychoanalytikerin Sarah Chiche erzählt ihre tragische Geschichte und die ihrer Familie, die sie einst in eine schwere Depression stürzte. Wie in einem Film hält sie Schnappschüsse aus der Kindheit ihres Vaters fest: die 1950er Jahre, Algier, ihr Vater Harry, der mit seinem älteren Bruder Armand aufwächst, und seine wohlhabenden Eltern Louise und Joseph. Die Männer der Familie sind Klinikärzte. Die jüdische Familie gehört nicht zu den französischen Kolonisten, sondern lebte in Algerien, seit sie im 15. Jahrhundert aus Spanien vertrieben worden waren. Ein verschwenderisches Leben bis zum Algerienkrieg, dann Exil in Frankreich, Täter und Opfer der Vergangenheit.
Louise, ses sœurs, sa mère, Joseph, son chauffeur algérien, et plusieurs infirmières se tiennent serrés les uns contre les autres sur le pont d’un ferry, au milieu d’une cohue humaine. Le port, ses quais, ses môles, ses jetées, ses bassins, défile. Une avenue s’enfuit à perte de vue. Le minaret de la mosquée de la pêcherie et les coupoles rose de Notre-Dame d’Afrique scintillent une dernière fois. Primeurs, cireurs, marchand de journaux, pêcheurs, enfants et marins ne sont plus que des fourmis. Bougie, Djidjelli et collo, des confettis. Quelques barques flottent encore autour du paquebot comme des mouches. Puis plus rien. Tache blanche, qui se floute, s’estompe, puis s’efface. La ville s’évanouit. La terre s’évapore. Quelqu’un hurle. Une femme vient de faire un malaise. Joseph se précipite. Je suis médecin, laissez-moi passer. Debout sur le pont avant, appuyée sur la rambarde, Louise fixe la Méditerranée vide de toutes ces épaves fantômes qui la hanteront cinquante ans plus tard – car ainsi voguons-nous disloqués dans la tempête des années, otages de la mer sombre où l’exil des uns n’efface jamais celui des autres, coupables et victimes du passé.
Sarah Chiche, Saturne
Louise, ihre Schwestern, ihre Mutter, Joseph, ihr algerischer Fahrer und mehrere Krankenschwestern stehen dicht beieinander auf dem Deck einer Fähre inmitten einer Menschenmenge. Der Hafen zieht vorbei mit seinen Kais, Molen, Stegen, Anlegestellen und Becken. Eine Allee verläuft so weit das Auge reicht. Das Minarett der Moschee der Fischer und die rosa Kuppeln von Notre-Dame d’Afrique funkeln ein letztes Mal. Gemüsehändler, Schuhputzer, Zeitungshändler, Fischer, Kinder und Seeleute sind nichts als Ameisen. Kerze, Djidjelli und Kollo, Konfetti. Einige Boote schwimmen immer noch wie Fliegen um das Linienschiff herum. Dann nichts mehr. Weißer Fleck, der verschwimmt, verblasst, dann erlischt. Die Stadt entschwindet. Die Erde verflüchtigt sich. Jemand schreit. Eine Frau ist gerade ohnmächtig geworden. Josef eilt dazu. Ich bin Arzt, lassen Sie mich vorbei. Auf dem Vordeck stehend, an die Reling gelehnt, blickt Louise auf das Mittelmeer, leer von all den geisterhaften Wracks, die sie fünfzig Jahre später heimsuchen werden – denn so segeln wir zerrissen im Sturm der Jahre, Geiseln des dunklen Meeres, wo das Exil der einen das der anderen nie auslöscht, Täter und Opfer der Vergangenheit.