Über Le pont de Bezons und La traversée de Bondoufle.
Für Jochen Mecke. 19. März 2023. 1
Ce qui invitait à le visiter, ce terrain vague, c’était le grillage que l’on avait tendu en travers de la brèche permettant d’y accéder, et que de précédents visiteurs s’étaient chargés d’aplatir.
Jean Rolin, Le pont de Bezons, 187.
Was dazu einlud, dieses Brachland zu besuchen, war der Maschendrahtzaun, der über die Zugangslücke gespannt war, er war von früheren Besuchern platt gemacht worden.
Ein stadtplanerisches Projekt großen Ausmaßes zur Neuordnung der französischen Hauptstadt wurde mit dem Beginn 2008 Grand Paris getauft (bereits Napoleon III. hatte mit solchen Planungen begonnen); hier ist das Ziel, den Ballungsraum mit mehr als zehn Millionen Einwohnern neu zu strukturieren, nicht nur Wirtschafts- und Verwaltungsordnung, Wohnraum und Nahverkehr neu zu regulieren, sondern auch Nachhaltigkeit zu sichern und die Ungleichheiten der Lebensbedingungen zu korrigieren. Aurélien Bellanger hat seinen Roman Le Grand Paris um den Stadtplaner Belgrand angelegt, der für Sarkozy arbeitet, aber schließlich in Ungnade fällt. Bei aller Differenzierung von Zentrum und Vorstadt gerät möglicherweise ein Frankreich der Provinz aus dem Blick. Dieser Roman ist in vielem das Gegenteil zu Jean Rolins Roman La traversée de Bondoufle, denn wo Bellanger lange journalistisch anmutende (z.B. politische, technische, soziologische, städteplanerische) Exkurse in den Roman integriert, ist Rolins Text eine aufmerksame Begehung, eine subjektive Erkundung, mit Bestandteilen dessen, was Dominique Viart „littérature de terrain“ nennt. Darunter fallen für ihn u.a. territoriale Texte, also Literatur, die im Raum verankert ist und die ihn geografisch oder städtebaulich vermisst oder historisch untersucht. 2
Mit Anlass der beiden letzten Bücher von Jean Rolin aus den Jahren 2020 und 2022, Le pont de Bezons und La traversée de Bondoufle, wird sichtbar, wie er im Gesamtwerk das Verhältnis von Stadt und Land reflektiert. So eröffnet schon das erste Buch des 1949 geborenen Autors, Chemins d’eau von 1980, mit einem Motto von Maxime Du Camp, das Melancholie und Berauschung als Wirkungen der beiden Räume gegenüberstellt: „Wir hatten die Melancholie der Großstädte hinter uns gelassen, die Landschaft berauschte uns, wir empfanden unendliche Zärtlichkeit und tiefe Barmherzigkeit in unserem Herzen.“ 3
Nicht nur die Reise als solche, auch die historische Betrachtung erschließt Differenzen unscharfer Räume zwischen Stadt und Land: In Le pont de Bezons führt ein Rundgang am Ufer der Seine den Erzähler zum Fabrikgelände der Flugzeugmotorenfirma Gnome, später der Firma Safran, auf dem zuvor das Atelier des Malers und Schiffsarchitekten Gustave Caillebotte stand. Eine Hochburg des Impressionismus wird damit zum Industriegebiet umgewandelt:
En englobant le terrain, au bord de la Seine, qu’occupaient auparavant le jardin, la maison, l’atelier et le chantier de Gustave Caillebotte, peintre et architecte naval, l’entreprise Gnome, plus tard Gnome et Rhône, a précipité la transformation en zone industrielle d’un territoire dont le charme rustique, et les opportunités qu’il offrait pour les loisirs nautiques, avaient fait un haut lieu de l’impressionnisme.
Jean Rolin, Le pont de Bezons, 19.
Durch die Einbeziehung des Grundstücks am Ufer der Seine, auf dem sich zuvor der Garten, das Haus, das Atelier und die Werft von Gustave Caillebotte, Maler und Schiffsarchitekt, befanden, beschleunigte das Unternehmen Gnome, später Gnome et Rhône, die Umwandlung eines Gebietes in ein Industriegebiet, dessen ländlicher Charme und die Möglichkeiten, die es für die Freizeitgestaltung auf dem Wasser bot, es zu einer Hochburg des Impressionismus gemacht hatten.
Die Bildmotive Caillebottes sind verschwunden, nur ein Maler von der Relevanz eines Monet hätte, so Rolin, den Erhalt des ursprünglichen Gebäudes wegen der Gemäldedarstellungen gerechtfertigt. Rolin referiert hier seine Recherchen in Museen mit impressionistischen Ansichten. Anhand einer Tafel für Touristen werden uns auch weitere, teils anekdotische Umstände dieses Raumwandels erläutert, so die Tatsache, dass zwei Bären als Geschenk des Zaren Nikolaus II. im Jahr 1912 hinter dem Fabrikzaun im Käfig lebten. Analoges ist in La traversée de Bondoufle zu beobachten, hier erkundet Rolin u.a. Brou-sur-Chantereine zwischen einem Gemeindewald, Reitzentrum, Landwirtschaft und Wohngebieten. Den beschrittenen Weg fasst Rolin als „zwischen einer ländlichen Vergangenheit und einer kommerziellen und vorstädtischen Zukunft“ schwankend auf:
Après avoir traversé la D 34, franchi le ru, longé le bois Raffeteau, je me suis retrouvé sur un chemin dont le destin balançait encore entre un passé rural et un avenir commercial et périurbain, dilemme qu’illustrait la proximité d’un petit écriteau signalant une « vente à la ferme [de] volailles, œufs, légumes », et d’un panneau publicitaire de taille standard claironnant qu’« ici on dynamise l’économie locale avec l’agrandissement de la zone d’activité de la Régale, accueil de 23 PME, création de 250 emplois ».
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 169.
Nachdem ich die D 34 überquert hatte, den Bach überquert hatte und am Raffeteau-Wald entlang gegangen war, fand ich mich auf einem Weg wieder, dessen Schicksal noch immer zwischen einer ländlichen Vergangenheit und einer kommerziellen und vorstädtischen Zukunft schwankte, ein Dilemma, das durch die Nähe eines kleinen Schildes illustriert wurde, das auf einen „Hofverkauf von Geflügel, Eier, Gemüse“ und einer Werbetafel in Standardgröße, die verkündete, dass „hier die lokale Wirtschaft mit der Erweiterung des Gewerbegebiets La Régale, der Aufnahme von 23 Unternehmen und der Schaffung von 250 Arbeitsplätzen angekurbelt wird“.
Das inzwischen abgerissene Versuchsgelände Fort de Vaujours war ein Ort von Experimenten unter anderem mit angereichtertem Uran zwischen dem Zweiten Weltkrieg und den 80er Jahren, dann zum Gipssteinbruch transformiert, aber die Einwohner der Nachbargemeinden weisen seither erhöhte Krebsraten auf, die Körper tragen gewissermaßen die Erinnerung an die vergangene Raumordnung.
Die Durchgängigkeit topographischer Fragen ist schon an Rolins Buchtiteln ersichtlich: etwa Chemins d’eau (1980), La Ligne de Front (1988), La Frontière belge (1989), Zones (1995), Traverses (1999), Campagnes (2000), La Clôture (2005), Terminal Frigo (2001), Ormuz (2013), Les événements (2015), Savannah (2015), Peleliu (2016), Le Traquet kurde (2018), Crac (2019), Le pont de Bezons (2020), schließlich La traversée de Bondoufle (2022). Auch die nicht primär mit Raumfragen beschäftigten Texte wie die Dystopie eines im Bürgerkrieg zerfallenen Frankreich, Les événements, werden häufig über die Raumordnungen erzählt, z.B. wenn es hierin einmal von Laternen heißt, ihre Urbanität kollidiere mit der Ländlichkeit der Umgebung. 4 Ein anderes Mal auf der Fahrt über eine verfallene Fahrbahn wird ein präziser Blick auf kahle Felder geworfen, die im Bürgerkrieg nicht mehr bewirtschaftet werden, ein Blick, der ein beklemmendes Gefühl der Leere erzeugt: „Kurz gesagt, es ist eine Landschaft ohne Fröhlichkeit, eine Landschaft, die man selbst in Friedenszeiten mit der Vorstellung von mörderischen Schlachten in Verbindung bringen würde.“ 5 Während Rolins Reiseerzählungen etwa Bosnien, den Persischen Golf, die Insel Peleliu oder das irakische Kurdistan zeigten, unternimmt der Autor mit Le pont de Bezons um die eigentlich unscheinbare heimische Brücke herum zufällige Untersuchungsgänge über verschiedene Jahreszeiten hinweg zwischen 2018 und 2019 in die Pariser Stadtkulisse. Ähnlich seinem Buch über die französischen Treidelpfade und Kanäle (Chemins d’eau, 1980) wandelt er an den Ufern der Seine zwischen Melun und Mantes, mit ihren Industriebrachen, Schnellrestaurants, mit kontingenten Begegnungen und teilweise ironisch-melancholischen Reflexionen. Eine Rückkehr von der Odyssee (und damit den ferneren Räumen vergangener Bücher) wurde mit Rolins Du Bellay-Verweis angedeutet: „Heureux celui qui a vu le jour se lever sur le pont de Bezons.“ 6 Der Autor strebt keine vergleichbaren Analysen wie Bellanger an, der Blick etwa für Verarmung und ethnische Zusammensetzung bleibt beobachtend, das Politische streift die Erzählung indirekt, wie die Gelbwesten, die afrikanischen Priester, das Lager der Roma. Hier bestehe alles aus Ufern und Flussböschungen, Wegen, Brücken, Pfaden, Kanälen, Ober- und Unterläufen, Senken, Kähnen, Kraftwerken oder Fabriken, Tankstellen, Eisenbahnlinien, Brachland, Inseln, Masten, Schrebergärten, Schildern von Billigrestaurants, Zäunen, seltenen Heideflächen, Pappeln, wiederbelebten Platanen und Getreidesilos, so Thierry Clermont in seiner Rezension für Le Figaro (14. Oktober 2020). Ins Banale reicht freilich das Wunderbare hinüber. Olivier Mony sieht in der ungeordneten, aber nicht ziellosen, aufmerksamen Wanderung gar den besten Teil von Rolins Werk, mit einer besonderen Poesie der Orte, denen es an Poesie zu fehlen scheint (Sud Ouest, 15. November 2020). Zugleich ist die Rhythmisierung wunderbar präzise gearbeitet, etwa in den Si-Eröffnungen der beobachtenden Sätze, die ein wenig an Stendhals Formulierung des Reisenden in die kleine Stadt 7 erinnern:
Si, venant de l’usine Safran, on se dirige vers l’aval en suivant la rive gauche de la Seine […].
Si, de cette place du Comte-Haymon, où se tient certains jours un marché, on emprunte la rue des Remparts, on aperçoit de loin, […].
Maintenant, si, de retour place du Comte-Haymon, on prend à l’opposé de la rue des Remparts la rue Saint-Spire, dont les cartes postales d’époque suggèrent qu’elle fut la principale artère commerçante de Corbeil, on y relève de nombreux indices de la transformation sociale et de la paupérisation de cette partie de la ville, […].
Si, au lieu que la Marne se jette dans la Seine, c’était l’inverse qui s’était produit, cela n’aurait sans doute rien changé à l’aspect de leur confluent, décevant pour quiconque en attendait quelque chose.
Si, au-delà de cette maison jadis familiale, on poursuit, le long de la rue Maurice-Berteaux, dans la direction de Maisons-Laffitte, on rencontre bientôt une impasse […].
Jean Rolin, Le pont de Bezons, 24, 59, 60, 108, 128.
Wenn Sie von der Safran-Fabrik kommend stromabwärts am linken Ufer der Seine entlang gehen […].
Wenn man vom Place du Comte-Haymon, auf dem an manchen Tagen ein Markt stattfindet, die Rue des Remparts entlang geht, sieht man schon von weitem […].
Wenn man nun von der Place du Comte-Haymon zurückkehrt und auf der anderen Seite der Rue des Remparts in die Rue Saint-Spire einbiegt, die laut Postkarten aus der Zeit die Hauptgeschäftsstraße von Corbeil war, findet man viele Anzeichen für den sozialen Wandel und die Verarmung in diesem Teil der Stadt, […].
Wenn die Marne nicht in die Seine geflossen wäre, sondern umgekehrt, hätte dies wahrscheinlich nichts an dem Aussehen ihres Zusammenflusses geändert, der für jeden, der etwas erwartet hatte, enttäuschend war.
Wenn man hinter diesem ehemaligen Familienhaus die Rue Maurice-Berteaux in Richtung Maisons-Laffitte weitergeht, stößt man bald auf eine Sackgasse […].
Nehmen wir hier ein ausführlicheres Beispiel, zum ersten Mal die Brücke von Bezons in ihrer Ganzheit zeigend:
Si, venant de l’usine Safran, on se dirige vers l’aval en suivant la rive gauche de la Seine, ce n’est qu’une fois passé le pont de Colombes que celui de Bezons apparaît dans sa totalité. À moins qu’il ne s’agisse d’une impression fallacieuse, due au fait que le 3 février 2019, dans la phase finale d’approche du pont de Bezons, j’avais le soleil dans les yeux : soleil qui pour être hivernal, et sur le point de se coucher, n’en brillait pas moins d’un éclat aveuglant, qui faisait flamboyer les vitres du tramway lorsque celui-ci franchissait la Seine dans un sens ou dans l’autre, témoignant à lui seul, par ce mouvement pendulaire, de la grandeur et de la nécessité du pont de Bezons. D’ailleurs il suffisait de regarder autour de soi : rien qu’au sud, sur la rive nanterroise, un Buffalo Grill et un Grill Courtepaille se disputaient les faveurs du public, au pied d’un hôtel Première Classe dont la clientèle, comme une affiche l’en avisait, bénéficiait d’une ristourne de 15 % sur les repas pris dans le second de ces établissements. En dernier recours, la station Total, ouverte jour et nuit, proposait à toute heure un choix succinct de nourritures rapides. La rive opposée était d’un abord plus austère. Sans doute y était-on accueilli par un panneau présentant Bezons comme une « ville pour la paix », mais passé celui-ci, le terminus du T2, et de plusieurs lignes d’autobus à trois chiffres, semblait perdu au milieu d’une sorte de no man’s land dominé par la façade vitrée d’un immeuble de bureaux. Dans ce contexte, et comme il arrive plus souvent qu’on ne croit, c’était un McDo qui offrait la seule possibilité, dans l’immédiat, de se nourrir ou de satisfaire d’autres besoins essentiels : je me dois d’autant plus de le signaler que j’ai dû être, dans les premiers jours de l’été 2019, l’un de ses tout derniers usagers. Alors que j’avais envisagé de dîner là – le McDo se flattant d’être ouvert jusqu’à 1 heure du matin – lors de la soirée que je devrais passer près du pont de Bezons si je voulais voir le jour se lever sur celui-ci, il advint que lors d’une reconnaissance préalable, le 30 juin, je rencontrai sur le parking du restaurant un vieil homme, noir, d’une extrême maigreur, dissimulant sous sa chemise flottante un litron de rouge entamé, qui après m’avoir grevé d’une petite taxe me lança : « McDo, c’est fini ! » Proposition dont je crus tout d’abord qu’elle présentait le caractère d’une vague prophétie, s’appliquant à l’ensemble des succursales de cette enseigne et destinée, pensai-je, à gagner ma sympathie, mon aspect m’ayant peut-être désigné au vieil homme comme un adversaire de la « malbouffe », avant de comprendre qu’elle ne concernait que l’établissement du pont de Bezons, lequel était appelé à fermer définitivement dans les heures qui suivirent. Sur ces entrefaites j’entrai dans le McDo, j’y commandai une boisson, j’allai me laver les mains et ayant constaté, à cette occasion, que le lavabo était bouché et sur le point de déborder, je fis part de cette découverte au gérant, qui avec un zèle remarquable m’assura que le nécessaire serait fait très rapidement pour réparer l’équipement défectueux, alors que l’imminence de la fermeture définitive rendait aussi vaine qu’improbable cette réparation.
Jean Rolin, Le pont de Bezons, 24f.
Wenn man von der Safran-Fabrik kommend flussabwärts am linken Seine-Ufer entlang fährt, erscheint die Bezons-Brücke erst nach der Colombes-Brücke in ihrer Gesamtheit. Es sei denn, es handelt sich um einen trügerischen Eindruck, der dadurch entsteht, dass ich am 3. Februar 2019 in der Endphase der Annäherung an die Brücke von Bezons die Sonne in den Augen hatte: Eine Sonne, die zwar winterlich war und kurz vor dem Untergang stand, aber dennoch blendend hell schien und die Scheiben der Straßenbahn zum Glühen brachte, wenn diese die Seine in die eine oder andere Richtung überquerte, was allein durch diese Pendelbewegung die Größe und Notwendigkeit der Bezons-Brücke bezeugte. Üb rigens brauchte man sich nur umzusehen: Allein im Süden, auf der Seite von Nanterre, konkurrierten ein Buffalo Grill und ein Courtepaille Grill um die Gunst des Publikums, am Fuße eines First Class Hotels, dessen Gäste, wie ein Schild ankündigte, einen Rabatt von 15% auf Mahlzeiten im zweiten der beiden Häuser erhielten. Als letzte Möglichkeit bot die Total Tankstelle, die Tag und Nacht geöffnet war, zu jeder Zeit eine kleine Auswahl an Fastfood an. Das gegenüberliegende Ufer war etwas nüchterner. Vielleicht wurde man von einem Schild begrüßt, das Bezons als „Stadt für den Frieden“ anpries, aber hinter diesem Schild schien die Endstation der T2 und mehrerer dreistelliger Buslinien in einer Art Niemandsland zu liegen, das von der Glasfassade eines Bürogebäudes dominiert wurde. In diesem Zusammenhang war es, wie es häufiger vorkommt als man denkt, ein McDonald’s, der die einzige Möglichkeit bot, sich unmittelbar zu ernähren oder andere Grundbedürfnisse zu befriedigen: ich bin es mir umso mehr schuldig, dies zu erwähnen, als ich in den ersten Tagen des Sommers 2019 einer der allerletzten Nutzer dieses Restaurants gewesen sein dürfte. Als ich vorhatte, dort zu essen – McDonald’s ist stolz darauf, bis 1 Uhr nachts geöffnet zu haben – an dem Abend, den ich in der Nähe der Bezons-Brücke verbringen sollte, wenn ich den Tag über der Brücke anbrechen sehen wollte, geschah es, dass ich bei einer vorherigen Erkundung am 30. Juni auf dem Parkplatz des Restaurants einen alten, schwarzen, extrem dünnen Mann traf, der unter seinem flatternden Hemd einen Liter angebrochenen Rotwein verbarg und der mich, nachdem er mir eine kleine Gebühr abgenommen hatte, ansprach: „McDonald’s ist vorbei!“ Ich dachte zuerst, dass es sich um eine vage Prophezeiung handelte, die sich auf alle McDonald’s-Filialen bezog, um meine Sympathie zu gewinnen, da mein Aussehen mich vielleicht für den alten Mann als Gegner von „Junk Food“ auswies, aber dann wurde mir klar, dass es sich nur auf die Filiale an der Brücke von Bezons bezog, die in den nächsten Stunden endgültig geschlossen werden sollte. In der Zwischenzeit betrat ich den McDonald’s, bestellte ein Getränk, wusch mir die Hände und stellte fest, dass das Waschbecken verstopft war und kurz vor dem Überlaufen stand.
Die Perspektivierung des Spazierenden dynamisiert die Ansicht, problematisiert und konkretisiert sie zugleich, mit Datum, aber auch veruneindeutigt mit möglicher Blendung durch den Sonnenuntergang. Filmisches Schreiben fast, wenn hierdurch die Straßenbahnscheiben glühen und in der Verkehrsdichte zugleich die hohe Relevanz der Brücke zu beweisen scheinen. Die gastronomische Infrastruktur wird als Beweis angeführt, mit Nennung der Ketten, mit Sonderangebotsplakaten, wird hier im kleinen die Systemgastronomie des realen Frankreich mit ihrem Tankstellen-Fastfood möglichen Selbstbildern der französischen Küche entgegengehalten. Dass das andere Ufer als „nüchterner“ bezeichnet wird, kann jetzt nur ironisch sein, Endhaltestellen definieren die Gegend als „Niemandsland“ vor der Glasfassade eines Bürogebäudes. Steigernd aufgebaut nun die Episode, in der der Erzähler bei McDonald’s essen möchte; der dürre Verkünder der Tatsache, dass McDo „fini“ sei, kann wie in einer Szene aus Aragons oder Bretons Paris hier kurz als wahrer Prophet erscheinen. Die Filiale wird geschlossen, das Waschbecken steht vor dem Überlaufen, aber das Personal versichert dennoch eilfertig, der Mangel werde umgehend behoben. Hier ist ganz beiläufig ein verdichtetes Bild des gegenwärtigen Frankreichs gegeben, seiner Brachflächen, kapitalistischer Ordnungen, sozialer Typen und kultureller Diskurse.
Das folgende Buch von 2022, La traversée de Bondoufle, folgt wiederum einer raumerkundenden Logik. Im Interview erklärt Rolin das neue Projekt im Kontext von Le pont de Bezons, die Wahrnehmung einer Differenz von Stadt und Land wolle er systematischer untersuchen, eine Grenzerkundung, eine Umrundung der Stadt an ihren Übergängen:
J’ai eu l’impression, lors de la préparation du Pont de Bezons, mon précédent livre, de me trouver à un point précis de la limite entre la ville et la campagne. Vous prenez le train et tout à coup vous voyez des champs et un semblant de nature. C’est une expérience sensorielle, visuelle, que j’ai eu envie de rechercher de manière systématique tout autour de Paris. Même si ce n’est pas une frontière ininterrompue qu’il est loisible de suivre de bout en bout. Cette ligne part dans tous les sens, change continuellement de direction, au détriment de la campagne.
Rolin in Duchenne, „Jean Rolin, écrivain baladeur.“
Bei der Vorbereitung von Le Pont de Bezons, meinem vorherigen Buch, hatte ich den Eindruck, dass ich mich an einem bestimmten Punkt an der Grenze zwischen Stadt und Land befand. Sie fahren mit dem Zug und plötzlich sehen Sie Felder und eine scheinbare Natur. Dies ist eine sensorische, visuelle Erfahrung, die ich systematisch in der Umgebung von Paris suchen wollte. Auch wenn es sich nicht um eine ununterbrochene Grenze handelt, der man von einem Ende zum anderen folgen kann. Diese Linie verläuft in alle Richtungen und ändert ständig ihre Richtung, zum Nachteil der Landschaft.
Die Sprachwissenschaft war mit der Prototypensemantik von der Zuordnung klarer distinkter Merkmale abgerückt und interessiert sich für semantische Unschärfe, indem sie die Ränder eines Konzepts kognitiv untersucht, Grenzfälle etwa zwischen Baum und Strauch, Strauch und Blume, indem Merkmalsbündeln eine „fuzzy“ Logik bilden, Familienähnlichkeiten, die sich überlappen, aber nicht rein distinkt sind. Dies mag auch für die Unterscheidung von Stadt und Land gelten, wie sie La traversée de Bondoufle angeht:
Du moment où j’ai découvert la campagne à la périphérie d’Aulnay-sous-Bois, même sous l’aspect peu engageant d’un champ de maïs desséché et d’un chemin sans issue, l’idée m’est venue de suivre tout autour de Paris sa limite, ou du moins la ligne incertaine, émiettée, soumise à de continuelles variations, de part et d’autre de laquelle la ville et la campagne, ou les succédanés de l’une et de l’autre, se confrontent.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 14.
Von dem Moment an, als ich das Land am Stadtrand von Aulnay-sous-Bois entdeckte, sogar unter dem unattraktiven Aspekt eines vertrockneten Maisfeldes und einer Sackgasse, kam mir die Idee, rund um Paris der Stadtgrenze zu folgen, oder zumindest der unsicheren, zerbröckelnden, ständig wechselnden Linie, auf deren beiden Seiten Stadt und Land oder die Surrogate von beiden aufeinandertreffen.
Die Stadt ist ja ursprünglich klar von ihrer Umgebung geschieden, durch Verteidigungsmauern, Tore, die allabendlich geschlossen wurden. Ihnen eignen im Gegensatz etwa zum Dorf autonome rechtliche Verhältnisse, wie in Regensburg bspw. die Steinerne Brücke als Grenze eine Freie Reichsstadt klar von Bayern trennte. Diese Grenzen waren auch bei Rolin immer wieder umkämpft, Samoyaults Besprechung nennt sie „Demarkationslinien“ und weist auf die historischen Schichten dieser Kämpfe hin: „Die Demarkationslinie zwischen Stadt und Land ist nicht so klar wie diejenige, die während des Krieges die freie von der besetzten Zone trennte. Sie ist variabel, unsicher, zerbröckelnd. Sie ähnelt jedoch manchmal einem Kriegsgebiet: mit der Erinnerung an die früheren Verteidigungsanlagen, die Forts des zweiten Gürtels und den Abfällen, die einige landwirtschaftliche Wege blockieren, Betonbarrieren, Gruben, die Hausbesetzer abschrecken sollen…“. 8 Die Stadt wird in Gemeindereformen unschärfer, sie wuchert ins Umland, sie bildet Vorstädte (banlieues, wörtlich „Bannmeilen“, die nicht zwangsläufig identisch mit sozialen Problemzonen sein müssen) durch Prozesse der Industrialisierung und Urbanisierung, in Megastädten ungeordnete Slumbildungen etc., über die Vorstädte hinaus bilden sich Metropolregionen, periurbane bzw. suburbane Gürtel. Gorkes Lektüre von La traversée de Bondoufle fasste die erkundeten Szenerien der Stadtränder bei Rolin so zusammen: Autobahnen, Landstraßen, Hohlwege, Maisfelder, wilde Mülldeponien, verlassene Militäranlagen, eingeschlossene landwirtschaftliche Gebiete, verstreute Siedlungen; außerdem eine erstaunliche Vielfalt an Tieren auf dem Land: Kanadagänse, Singdrosseln, Graureiher, Silberreiher, Blässhühner, Kühe, Truthähne, Esel, Schafe usw. Auch im Falle dieses Buchs kehrt der Autor mehrfach an die Orte zurück, um zu verschiedenen Zeiten seine Beobachtungen zu überprüfen oder zu ergänzen. Der plötzliche Blick aus dem Zug auf Felder ist für den urbanen Reisenden eine besondere sensorische, visuelle Erfahrung, die nicht stabil ist, aber umso aufmerksamer. Die Grenzziehungen von Stadt und Land bleiben immer in möglicher Bewegung:
En rejoignant à la périphérie d’Aulnay le champ qui avait été à l’origine de mon projet, dès le 24 avril j’avais parachevé celui-ci. Au demeurant, ne serait-ce que pour me convaincre que c’était bien la limite entre la ville et la campagne que je venais d’explorer, ou pour vérifier qu’entre-temps on ne l’avait pas déplacée, sinon abolie, ou encore pour surveiller la croissance de la végétation ou le mûrissement des récoltes, dans les semaines ou les mois qui suivirent je suis repassé, souvent à plusieurs reprises, par la plupart des lieux qui avaient jalonné mon parcours.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 193.
Als ich am Stadtrand von Aulnay das Feld erreichte, auf dem mein Projekt begonnen hatte, hatte ich es bereits am 24. April vollendet. Um mich davon zu überzeugen, dass es die Grenze zwischen Stadt und Land war, die ich erkundet hatte, oder um zu überprüfen, ob sie in der Zwischenzeit nicht verschoben oder gar abgeschafft worden war, oder um das Wachstum der Vegetation oder die Reife der Ernte zu überwachen, kam ich in den folgenden Wochen und Monaten an den meisten Orten, die meinen Weg markiert hatten, vorbei, oft mehrmals.
Les Passagers du Roissy-Express von François Maspero (1990) hatte in ähnlicher Weise, seinerseits verbunden mit fotografischen Eindrücken, die Bahnhöfe der RER B literarisch erkundet. Man kann mit Jacques Dubois bei La traversée de Bondoufle von einer „Region des Dazwischen“ sprechen, deren Haupttendenz „Anarchie und Unordnung“ ist; die bereisten Orte mögen auf Karten verzeichnet sein, aber in der Regel sind sie dem Leser unbekannt. Samoyault zählt sie auf: „chemin des Gots, voie des Prés, Frépillon, Bessancourt, chemin de la Haute-Vacherie, sentier des Tournants-Petits-Choux, chemin des Glaises, Moisselles“. Es geht dabei in gleichem Maße um Nicht-Orte zwischen den Konzepten wie auch um die Inszenierung des Wanderers, wie Samoyault betont: „Der Schriftsteller inszeniert sich selbst als unermüdlicher Wanderer, der oft so unentschlossen ist wie die Grenze, die er sucht, manchmal gelangweilt, manchmal clownesk, wenn er von einem kleinen Hund verfolgt wird oder sich in einem Maisfeld verirrt; er ist kein Abenteurer.“ 9 Die Literaturkritik war sorgfältig, aber erkennbar auch ratloser bei diesem Folgebuch nach Le pont de Bezons, die Selbstbilder der Pariser Stadtbewohner werden hier aufgelöst, aber wir sind auch nicht in einer Form ruraler Landschaftsmeditation à la Thoreau, denn die nahen Landstraßen übertönen den Vogelgesang, Kleinflugzeuge starten unüberhörbar, auch wenn die Pandemie die Einsamkeit dieser Ausflüge spürbar verstärkt hat (es geht hier um den Zeitraum von Herbst 2020 bis Sommer 2021).
Maxime Gorkes Besprechung des Buchs zog eine Parallele von den Paris-Fotografien eines Eugène Atget, die ein für immer vergangenes Paris verewigten, zu den bei Rolins erkundeten Landschaften, Geschichten und Begegnungen, die künftige Generationen bei Rolin entdecken können, da das im Bau befindliche Netz des Grand Paris Express diese Bereiche wohl verschlingen werde. Nach Gorke richtet sich die Aufmerksamkeit des Erzählers Rolin häufig auf die unentschlossenen Räume der vernachlässigten Gebiete, auf die unbestimmten Ränder mit porösen, oft schlecht definierten Grenzen. Der Hausverlag von Jean Rolin fügt seiner Zusammenfassung des Buchs eine Notiz an, in der der Autor als „unerbittlicher Beobachter des Verfalls dieser Welt“ bezeichnet wird, der das kleinste unpassende Detail als Eingeständnis unserer Verlassenheit deutet. Und wirklich ist es so, dass dies Zwischenreich auch den Menschen in eine diskrete, fast verborgene Position bringt, irgendwo zwischen Agrikultur und Wohnsiedlung, die wenigen richtigen Begegnungen wirken fremd, so wenn an einem Imbissstand die Stammkunden abweisend reagieren. Die Aufzeichnungen im Notizblock werden als unhöflich und mögliche Kontrolluntersuchung gedeutet. In der verschworenen proletarischen Geselligkeit der Gruppe wirkt der Autor wie ein Eindringling. Pointiert ließe sich diese Szene auch literatursoziologisch bzw. politisch lesen als die Wirklichkeiten, die nicht zur Darstellung kommen, es erinnert auch an die Zeit der1968er Schriftsteller, die in die Fabriken gingen und Arbeiterliteratur schreiben wollten, aber es letztlich nicht schafften, die Distanz zwischen Bildungsmilieu und Arbeiterschicht aufzuheben, selbst Rolins Anspielung auf den verdächtigten Hippolytos und seine Reise im Phädra-Stoff unterstreicht dies.
Le commencement de Bondoufle, administrativement, c’est là où la rue Édouard-Aubert devient la rue Gustave-Eiffel, juste après que l’on a laissé sur la gauche, au milieu de son parking arboré, le McDo implanté en bordure de la Francilienne. Arrivé là, il ne reste qu’une centaine de mètres à franchir pour atteindre la rue du Canal, à l’embranchement de laquelle, le mercredi 24 mars en fin de matinée, on remarque un food truck parqué sur le côté. Devant le food truck, d’où émane une agréable odeur d’huile de friture, une quinzaine de personnes sont rassemblées, hommes et femmes, parmi lesquels les employés des entreprises de la zone, majoritaires, se reconnaissent à leur combinaison de travail siglée, le plus souvent de couleur noire. Il règne dans ce groupe, où les gens s’appellent par leurs prénoms, une atmosphère de convivialité prolétarienne que je suis conscient de perturber. Pour comble, j’ai la maladresse, en attendant la boisson que j’ai commandée, de sortir de ma poche un carnet et d’y noter quelque chose qui vient de me traverser l’esprit et dont je sais que dans une minute je l’aurais oubliée. Ce faisant, j’ai négligé au moins deux règles de civilité : la première étant que ça ne se fait pas, quelles que soient les circonstances, et à moins de s’être présenté au préalable, de prendre des notes sous le nez des gens, et la seconde que cela se fait d’autant moins si l’on est en période de confinement, et si les gens parmi lesquels on s’est retrouvé fortuitement, se connaissant entre eux, se sont affranchis de certaines contraintes, en enlevant leurs masques ou en se congratulant les uns les autres. Bref, j’entends le patron – l’homme qui s’affaire au-dessus de la bassine d’huile bouillante – dire quelque chose que je ne comprends pas, mais qui entraîne aussitôt un mouvement de défiance générale à mon égard. Alarmé, je demande à la personne la plus proche de me répéter ce qui vient d’être dit, elle me répond avec agressivité, en se détournant, qu’elle n’en sait rien, et là-dessus le patron m’apostrophe : « Excusez-moi, Monsieur, mais comme on ne vous a encore jamais vu au camion, j’espère que vous n’êtes pas là pour faire du mal aux gens qui travaillent. » En somme, on m’a pris pour un inspecteur du confinement, ou pour un journaliste, ce qui, de leur point de vue, revient au même. Ce soupçon n’étant pas facile à dissiper – je ne me vois pas me lancer dans une explication de ce que je suis en train de faire, et qui pour moi-même, à ce stade, demeure assez obscur –, je prends le parti de m’en aller, en suivant tout pensif, comme Hippolyte le chemin de Mycènes, la rue du Canal, puis perpendiculairement à celle-ci le mail de la Saussaye, jusqu’au point où une audacieuse composition florale – trois bacs à pétunias érigés sur des supports verticaux à différentes hauteurs – m’annonce que je suis à Bondoufle et m’y souhaite la bienvenue. C’est alors que commence la traversée de Bondoufle à proprement parler, menée de bout en bout le long de la rue de Villeroy, que je tiens à tort ou à raison pour l’artère principale de cette ville.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 143.
Der Anfang von Bondoufle liegt verwaltungstechnisch dort, wo die Rue Edouard-Aubert in die Rue Gustave-Eiffel übergeht, gleich nachdem man den McDonald’s am Rande der Francilienne inmitten seines baumbestandenen Parkplatzes auf der linken Seite hinter sich gelassen hat. Von hier aus sind es nur noch 100 Meter bis zur Rue du Canal, an deren Abzweigung am späten Vormittag des 24. März ein Foodtruck am Straßenrand parkte. Vor dem Foodtruck, von dem ein angenehmer Geruch von Frittieröl ausgeht, haben sich etwa 15 Personen versammelt, Männer und Frauen, von denen die meisten Angestellte der Unternehmen in der Gegend sind, die an ihren meist schwarzen Arbeitsanzügen mit Logo zu erkennen sind. In dieser Gruppe, in der sich die Leute mit Vornamen anreden, herrscht eine Atmosphäre proletarischer Geselligkeit, von der ich weiß, dass ich sie störe. Zu allem Überfluss ziehe ich, während ich auf das Getränk warte, das ich bestellt habe, ein Notizbuch aus meiner Tasche und schreibe etwas auf, das mir gerade durch den Kopf gegangen ist und von dem ich weiß, dass ich es in einer Minute wieder vergessen haben werde. Dabei habe ich mindestens zwei Regeln der Höflichkeit missachtet: die erste ist, dass es sich unter keinen Umständen gehört, Notizen vor den Augen der Leute zu machen, es sei denn, man hat sich vorher vorgestellt, und die zweite ist, dass es sich umso weniger gehört, wenn man sich in einem geschlossenen Raum befindet und die Leute, unter denen man sich zufällig befindet, sich untereinander kennen und sich von bestimmten Zwängen befreit haben, indem sie ihre Masken abgenommen haben oder sich gegenseitig gratuliert haben. Kurzum, ich höre den Chef – den Mann, der über dem Becken mit dem kochenden Öl steht – etwas sagen, das ich nicht verstehe, was aber sofort zu einem allgemeinen Misstrauen mir gegenüber führt. Ich bin alarmiert und bitte die nächste Person, mir zu sagen, was gesagt wurde, sie antwortet aggressiv und wendet sich ab, dass sie es nicht wisse, woraufhin der Chef mich apostrophiert: „Entschuldigen Sie, mein Herr, aber da man Sie noch nie beim Lastwagen gesehen hat, hoffe ich, dass Sie nicht hier sind, um den arbeitenden Menschen zu schaden.“ Kurz gesagt, ich wurde für einen Sicherheitsinspektor oder für einen Journalisten gehalten, was aus ihrer Sicht das Gleiche ist. Da dieser Verdacht nicht leicht zu zerstreuen ist – ich sehe mich nicht in der Lage, eine Erklärung für das abzugeben, was ich gerade tue und was für mich selbst in diesem Stadium noch ziemlich unklar ist –, entschied ich mich, zu gehen und folgte gedankenverloren wie Hippolytos dem Weg nach Mykene, die Rue du Canal und dann rechtwinklig dazu die Mail de la Saussaye bis zu dem Punkt, an dem mir ein kühnes Blumenarrangement – drei Petunienkästen auf vertikalen Stützen in verschiedenen Höhen – ankündigt, dass ich in Bondoufle bin und mich willkommen heiße. Nun beginnt die eigentliche Durchquerung von Bondoufle, die von Anfang bis Ende entlang der Rue de Villeroy verläuft, die ich zu Recht oder zu Unrecht für die Hauptstraße dieser Stadt halte.
Altstandort, Brachfläche, Brachland, Flächenrecycling, Freifläche, Heterotopie, Nicht-Ort, Niemandsland, Refugium, Sozialbrache, Unland, Ödland, diese Synonyme führt ein Forschungsprojekt von Wolfram Nitsch auf: Das „terrain vague“, die „verlassenen, verwahrlosten, verwilderten, oft vergessenen Räume“ 10 also, ist im besonderen Fokus der Erkundungen, das Brachland wird aber durchaus gestaltet und umkämpft, zwischen öffentlicher Verwaltung und Hausbesetzern etwa:
À l’origine de ce que l’on découvre de ce côté-là, il y a sans doute un terrain vague dont la puissance publique a remodelé le sol afin de le rendre impraticable aux squatteurs. Ce type de paysage, où la terre paraît avoir été retournée et soulevée en vagues par le soc d’une charrue titanesque, se retrouve en effet dans toute la région parisienne, et sans doute bien au-delà.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 32.
Der Ursprung dessen, was man auf dieser Seite entdeckt, ist wahrscheinlich ein unbebautes Gelände, dessen Boden von der öffentlichen Hand umgestaltet wurde, um ihn für Hausbesetzer unpassierbar zu machen. Diese Art von Landschaft, in der die Erde aussieht, als wäre sie durch die Pflugschar eines gigantischen Pfluges umgewühlt und in Wellen aufgewirbelt worden, ist in der Tat in der gesamten Pariser Region und wahrscheinlich weit darüber hinaus zu finden.
Ein Effekt dieser ungenutzten Räume – so auf dem Weg des Erzählers Richtung Sarcelles, mit Zuglärm, Graffiti und Partyabfällen – ist, dass sich Besucher wie Eindringlinge fühlen müssen, die fehl am Platz sind:
Depuis la rue Noyer des Belles Filles, à Garges, en limite du quartier dit de la Dame Blanche Nord, m’étant auparavant efforcé sans succès de traverser la prairie aux vaches pour rejoindre la ferme à laquelle ce bétail est attaché, j’emprunte dans la direction de Sarcelles un chemin qui bientôt s’élargit aux dimensions d’un terrain vague, avant de franchir divers obstacles anti-véhicules, talus ou blocs de pierre, puis de s’étrécir à nouveau pour passer sous les voies de chemin de fer. À ce niveau, dans le fracas intermittent des RER ou des TGV, le sol est inégal, souillé d’emballages de boissons ou d’autres déchets festifs, et les parois du tunnel, inévitablement, sont couvertes de graffs aux proportions magdaléniennes. Tout cela invitant le visiteur, ou l’intrus, à se demander s’il est vraiment à sa place.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 33.
Von der Rue Noyer des Belles Filles in Garges, am Rande des Viertels Dame Blanche Nord, nachdem ich zuvor erfolglos versucht hatte, die Kuhweide zu überqueren, um zu dem Bauernhof zu gelangen, an den das Vieh gebunden ist, gehe ich in Richtung Sarcelles auf einem Weg, der sich bald zu einem Brachland verbreitert, bevor er verschiedene Hindernisse gegen Fahrzeuge, Böschungen oder Steinblöcke überwindet und sich dann wieder verengt, um unter den Eisenbahngleisen hindurch zu gehen. Auf dieser Ebene, unter dem zeitweiligen Lärm der RER- oder TGV-Züge, ist der Boden uneben, mit Getränkeverpackungen und anderen Partyabfällen verschmutzt und die Tunnelwände sind unvermeidlich mit Graffiti von magdalénischen Ausmaßen bedeckt. All dies veranlasst den Besucher oder Eindringling dazu, sich zu fragen, ob er hier wirklich hingehört.
Genauer betrachtet, liegt dieses Brachland selten wirklich brach, Rolin imaginiert diese Orte aus verschiedenen Perspektiven und fühlt sich an seine Begegnung mit einem Roma-Lager erinnert bzw. beschreibt die Vogelperspektive auf diesen mit Schwermetallen unkultivierbar gemachten Bereich mit kleineren, verschanzten Gebäuden als Rückzugsort für Überlebende einer Klimakatastrophe:
Et c’est de là aussi que se voit pour la première fois le château d’eau dominant le site de PSA, ou de Stellantis puisque c’est désormais le nom de cette marque d’automobiles. Bien qu’il soit situé sur la rive opposée de la Seine, il semble s’élever de la plaine nappée de brume qui s’étend à l’intérieur d’un méandre entre Chanteloup-les-Vignes et Carrières-sous-Poissy. De même que la plaine de Pierrelaye-Bessancourt, où est établi ce camp rom dans lequel je me suis retrouvé par hasard, celle-ci a reçu pendant plus d’un siècle les boues de la capitale, de telle sorte que la terre y est désormais gorgée de plomb ou d’autres métaux lourds, et en principe impropre à tout usage agricole. Vue de haut, et en cette saison, elle apparaît comme un immense terrain vague parsemé de petits groupes de cabanes et de jardinets retranchés derrière des palissades, tels des hameaux dans lesquels survivraient des rescapés d’une catastrophe climatique.
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 84.
Von hier aus ist auch zum ersten Mal der Wasserturm zu sehen, der das Gelände von PSA oder Stellantis, wie die Automarke jetzt heißt, überragt. Obwohl er sich auf der gegenüberliegenden Seite der Seine befindet, scheint er sich aus der nebelverhangenen Ebene zu erheben, die sich in einer Schleife zwischen Chanteloup-les-Vignes und Carrières-sous-Poissy erstreckt. Ähnlich wie die Ebene von Pierrelaye-Bessancourt, wo sich das Roma-Lager befindet, in dem ich zufällig gelandet war, wurde auch diese Ebene über ein Jahrhundert lang mit dem Schlamm der Hauptstadt belastet, so dass die Erde jetzt mit Blei und anderen Schwermetallen durchsetzt ist und im Prinzip für jegliche landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet ist. Aus der Vogelperspektive und zu dieser Jahreszeit erscheint die Ebene wie ein riesiges Brachland mit kleinen Gruppen von Hütten und Gärten, die hinter Palisaden verschanzt sind, wie Siedlungen, in denen die Überlebenden einer Klimakatastrophe leben.
Rolin semiotisiert das Brachland als Resultat konfliktueller kultureller Prozesse, es wird etwa eine zu verteidigende Zone von Aktivisten, zwischen Ruinen und der bevorstehenden Urbanisierung des Projekts Grand Paris. Die eine Konfliktpartei preist den Boden als besonders fruchtbar für Landwirtschaft, die Verwaltung dagegen lässt den Raum als von Mülldeponie und Flugverkehr verschmutzt erscheinen:
Le dimanche 7 février 2021, « par un froid glacial », comme la presse ne manquera pas de le souligner, quelques dizaines de militants ont établi à Gonesse une nouvelle ZAD, ou « zone à défendre », en plantant leurs tentes sur un terrain vague enclavé entre la D 317, la carcasse évidée d’un hôtel de bas de gamme en cours de démolition, la ferme de la Patte d’Oie et le chemin dit « de la Justice ». De l’autre côté de celui-ci s’étendent sur quelques centaines d’hectares des terres agricoles, au milieu desquelles doit être implantée une gare du Grand Paris Express dont les occupants de la ZAD ne doutent pas qu’elle entraînera l’urbanisation accélérée de tout ce secteur. (À la crainte de voir disparaître des terres agricoles présentées par les adversaires de la gare comme d’une remarquable fertilité, la mairie de Gonesse objecte qu’elles recouvrent d’anciennes décharges et qu’elles sont polluées par les miasmes du trafic aérien.)
Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, 97.
Am Sonntag, den 7. Februar 2021, „bei eisiger Kälte“, wie die Presse berichtete, errichteten einige Dutzend Aktivisten in Gonesse eine neue ZAD oder „zone à défendre“ (zu verteidigende Zone), indem sie ihre Zelte auf einem Brachland zwischen der D 317, dem ausgehöhlten Gerippe eines billigen Hotels, das abgerissen werden soll, dem Bauernhof Patte d’Oie und dem Weg mit Namen Justiz-/Gerechtigkeitsweg aufstellten. Auf der anderen Seite des Weges erstreckt sich über einige hundert Hektar Ackerland, in dessen Mitte ein Bahnhof des Grand Paris Express gebaut werden soll, von dem die Besetzer der ZAD nicht bezweifeln, dass er zu einer beschleunigten Urbanisierung des gesamten Gebietes führen wird. (Gegen die Befürchtung, dass landwirtschaftliche Flächen, die von den Gegnern des Bahnhofs als bemerkenswert fruchtbar dargestellt werden, verloren gehen könnten, wendet die Stadtverwaltung von Gonesse ein, dass sie ehemalige Deponien bedecken und durch die Miasmen des Flugverkehrs verschmutzt sind).
Nicht nur in den Begehungen der Ränder in La traversée de Bondoufle, auch in der urbanen Szenerie von Le pont de Bezons finden sich Erkundungen von Brachland, etwa als von Vegetation zurückerobertes ehemaliges Fabrikgelände, auf dem die Wespen, Karpfen und Schwäne für einen Fortbestand der Fauna im Urbanen stehen, wenn der Wanderer sein Proviant essen möchte:
Et même si je n’ai jamais pu me décider, Dieu sait pourquoi, à franchir cette clôture et à traverser ce bois, il est avéré, en effet, que de l’autre côté s’étend un terre-plein cimenté, parsemé d’une végétation de terrain vague, qui ne peut être que le sol mis à nu d’une ancienne usine. Sur l’un de ces appontements désaffectés, quel qu’ait pu être son usage d’origine, que l’on y ait ou non manutentionné dans le passé des substances explosives, j’ai écalé quant à moi deux œufs durs qui se sont avérés insuffisamment cuits, et dont le jaune encore partiellement liquide, en se répandant sur mes doigts, a attiré des guêpes si agressives, ou si insistantes, qu’assez vite j’ai dû me résoudre à abandonner à des cygnes ce qui restait de mon repas : peut-être en aurais-je plus volontiers fait don à des carpes, dont un panneau signalait que la pêche de nuit était autorisée, mais aucune n’était disponible à ce moment de la journée.
Jean Rolin, Le pont de Bezons, 46.
Und obwohl ich mich weiß Gott nicht dazu entschließen konnte, den Zaun zu überqueren und den Wald zu durchqueren, ist es tatsächlich so, dass sich auf der anderen Seite eine zementierte Fläche mit Brachland-Vegetation befindet, bei der es sich um den freigelegten Boden einer ehemaligen Fabrik handeln kann. Auf einem dieser stillgelegten Piers, unabhängig von seiner ursprünglichen Nutzung und ob dort in der Vergangenheit Sprengstoffe gelagert wurden oder nicht, schälte ich zwei hart gekochte Eier, die sich als nicht ausreichend gekocht erwiesen und deren teilweise flüssiges Eigelb, das auf meine Finger tropfte, so aggressive oder aufdringliche Wespen anlockte, dass ich mich bald dazu entschließen musste, die Reste meiner Mahlzeit Schwänen zu überlassen: Vielleicht hätte ich es lieber an Karpfen verschenkt, wo ein Schild darauf hinwies, dass Nachtangeln erlaubt ist, aber zu dieser Tageszeit waren keine Karpfen verfügbar.
Frappierend ist im Übrigen, wie die dystopische Raumerkundung in Rolins vorangegangenem Roman Les événements nach der Lektüre von Le pont de Bezons und La traversée de Bondoufle die hier diskutierten Topographien postapokalyptisch einfärbt, mit geplünderten Verkaufsgebäuden und von der Natur zurückeroberten Parkplatzflächen. Das terrain vague eines beschlagnahmten Geländes deutet auf die Rolle von Logistik und Infrastruktur in der militärischen Umnutzung, während der nahe Wald wie eine Bedrohung wirkt, die Zivilisation Frankreichs und ihre Raumordnung wieder vollständig zu verschlingen:
Il semble aussi que dès le début des événements, l’Armurerie du Chasseur solognot, à l’angle de la rue du Marché, ait été mise à sac, si peu propice à un usage militaire que fût le matériel dont elle disposait. Quant à la forêt, elle est si présente à Salbris qu’on l’aperçoit déjà depuis les locaux de Pôle-Emploi, en face de l’hôtel de ville, c’est-à-dire bien avant d’atteindre le Carrefour Market, ou le bâtiment également vaste, mais sensiblement plus hideux, qui abrite l’entreprise Les Belles Portes de France, meubles Aubrun. Plus loin, les locaux de l’entreprise Painsol, spécialisée dans la fabrication de pain d’épices, étaient désaffectés depuis longtemps, et le revêtement cimenté du parking déjà fissuré par la croissance d’une végétation de terrain vague, lorsque Brennecke a réquisitionné l’ensemble pour y stationner ce qu’il désigne abusivement comme une « unité de soutien logistique », et qui se compose en fait de plusieurs véhicules blindés de transport de troupes, armés pour certains d’une mitrailleuse de 12,7 ou d’un canon de 20. Curieusement, ces véhicules ne lui ont pas été retirés, pas plus qu’ils n’ont été désarmés, à l’occasion des différentes inspections conduites par des officiers néerlandais de la FINUF. De temps à autre, il les fait manœuvrer autour du rond-point qui dans cette direction marque la limite de la ville, et au-delà duquel la départementale 2020 file droit vers Vierzon, sa chaussée surélevée bordée des deux côtés par un large talus doublé d’un fossé inondé, comme pour tenir à distance la forêt qui sans cela ne tarderait pas à l’engloutir.
Jean Rolin, Les événements, 47
Es scheint auch, dass die Armurerie du Chasseur solognot, an der Ecke der Rue du Marché, bereits zu Beginn der Ereignisse geplündert wurde, obwohl das Material, über das sie verfügte, nicht für militärische Zwecke geeignet war. Der Wald ist in Salbris so präsent, dass man ihn bereits von den Räumlichkeiten des Pôle-Emploi gegenüber dem Rathaus aus sehen kann, d.h. lange bevor man den Carrefour Supermarkt erreicht, oder das ebenfalls große, aber wesentlich hässlichere Gebäude, in dem das Unternehmen Les Belles Portes de France, Möbel Aubrun, untergebracht ist. Weiter hinten war die Firma Painsol, die auf die Herstellung von Lebkuchen spezialisiert ist, schon lange nicht mehr in Betrieb und der Zementbelag des Parkplatzes war bereits durch das Wachstum von Brachland-Vegetation aufgerissen, als Brennecke das Gelände beschlagnahmte, um dort eine Einheit zu stationieren, die er fälschlicherweise als „logistische Unterstützungseinheit“ bezeichnet und die in Wirklichkeit aus mehreren gepanzerten Truppentransportern besteht, von denen einige mit einem 12,7er Maschinengewehr oder einer 20er Kanone bewaffnet sind. Seltsamerweise wurden diese Fahrzeuge bei den verschiedenen Inspektionen durch niederländische UNIFIL-Offiziere weder abgenommen noch entwaffnet. Von Zeit zu Zeit ließ er sie um den Kreisverkehr herum manövrieren, der in dieser Richtung die Stadtgrenze markiert und hinter dem die Departementsstraße 2020 geradewegs nach Vierzon führt, wobei die erhöhte Fahrbahn auf beiden Seiten von einer breiten Böschung mit einem überschwemmten Graben begrenzt wird, als ob er den Wald auf Abstand halten wollte, der ihn sonst bald verschlingen würde.
Jean Rolins Projekt, eine andere Topographie der Lebensräume zu erschreiben – ob im fern-postexotischen oder im scheinbar heimischen Kontext um die Pariser Brücke von Bezons und an den Grenzen von Stadt und Umland – macht auch in den beiden jüngsten Vorhaben vernachlässigte, übersehene Bereiche sichtbar: In den Außenbereichen der „gewohnten“ Realität tun sich neue Wirklichkeiten auf, die vom Erzähler eine subjektive, ästhetische, historische, kulturkritische usw. Aufmerksamkeit erhalten. Die unbestimmten Ränder einer alltäglichen, peripheren Lebenswirklichkeit relativieren auch die Zentren.
Literatur
- Jean Rolin, La traversée de Bondoufle, Paris: P.O.L., 2022.
- Jean Rolin, Le pont de Bezons, Paris: P.O.L., 2020.
- Jean Rolin, Les événements, Paris: P.O.L., 2014.
- Jean Rolin, Chemins d’eau, Éditions maritimes et d’outremer, 1980.
- Marguerite Baux, „Scène de genre“, Elle, 4. September 2021.
- Thibault Chaffotte, „Jean Rolin, écrivain: C’est un peu un non-lieu le pont de Bezons“, Le Parisien, 28. September 2020.
- Thierry Clermont, „Le pont de Bezons, de Jean Rolin: dans les coulisses de la Seine“, Le Figaro, 14. Oktober 2020.
- Cécile Chevallier, „Avec Jean Rolin, une odyssée en banlieue entre ville et campagne“, Le Parisien, Oktober 2022
- Nathalie Crom, „Jean Rolin, Le pont de Bezons“, Télérama, August 2020.
- Nathalie Crom, „Jean Rolin, La traversée de Bondoufle“, Télérama, 25. Oktober 2022.
- Jacques Dubois, „Jean Rolin: le degré zéro de la fiction“, Diacritik, 17. Oktober 2022.
- Jean-Baptiste Duchenne, „Jean Rolin, écrivain baladeur: J’ai toujours été fasciné par la ligne D du RER“, Télérama, 3. November 2022.
- Cécile Dutheil de la Rochère, „Le pont de Bezons, de Jean Rolin: en déshérence“, En attendant Nadeau, 8. September 2020.
- Lolita Francoeur, „La traversée de Bondoufle de Jean Rolin : une épopée entre ruralité et urbanisme“, Actualitté, 4. August 2022.
- Fabrice Gabriel, „Jean Rolin se met en Seine“, Le Monde, 28. August 2020.
- Adrien Gombeaud, „Le pont de Bezons: Jean Rolin, retour sur Seine“, Les Echos, 31. August 2020.
- Maxim Gorke, „Rolin: dans les plis du Grand Paris“, Zone critique, 29. September 2022.
- Alison James und Dominique Viart (Hrsg.), „Littératures de terrain“, Revue critique de Fixxion française contemporaine, n° 18, juin 2019.
- Philippe Lançon, „Rolin au cul des anges“, Charlie Hebdo, Septembre 2022.
- Grégoire Leménager, „Bezons, Conflans, Corbeil… le Grand Paris de Jean Rolin“, Le Nouvel Observateur, 21. Oktober 2020.
- Grégoire Leménager, „Où commence la campagne autour de Paris ? Jean Rolin mène l’enquête“, Nouvel Observateur, 27. September 2022.
- Etienne de Montety, „La traversée de Bondoufle, de Jean Rolin: au pas de l’homme“, Le Figaro, 13. Oktober 2022.
- Alain Nicolas, „Jean Rolin à l’épreuve de Bezons“, L’Humanité, 22. Oktober 2020.
- Wolfram Nitsch, „Terrain vague: zur Poetik des städtischen Zwischenraums in der französischen Moderne“, Comparatio 5 (2013): 1-18.
- Sébastien Omont, „Raconter l’interzone“, En attendant Nadeau, 6. Dezember 2022.
- Yann Perreau, „Jean Rolin, la (très bonne) littérature des no man’s land“, Les Inrockuptibles, 28. August 2020.
- Yann Perreau, „La traversée de Bondoufle, Jean Rolin sublime l’art de l’observation“, Les Inrockuptibles, 26. September 2022.
- Frédérique Roussel, „Rolin des villes, Rolin des champs“, Libération, 17. September 2022.
- Isabelle Rüf, „Le long de la Seine, la mondialisation mise en scène“, Le Temps, 10. September 2020.
- Tiphaine Samoyault, „La Traversée de Bondoufle, de Jean Rolin“, Le Monde, 25. August 2022.
- Francois Sureau, „Un regard imcomparable“, La Croix, 24. September 2020.
- Olivier Weber, „Jean Rolin, lauréat du Prix Joseph Kessel 2021“, ActuaLitté, 18. Mai 2021.
Kai Nonnenmacher
- Der Artikel ist die Langfassung eines Beitrags zum Sammelband für Jochen Mecke, Otro maldito homenaje…, hrsg. von Anne-Sophie Donnarieix, Susanne Greilich, Ralf Junkerjürgen, Hubert Pöppel und Dagmar Schmelzer (München: AVM, 2023).>>>
- Vgl. dazu Alison James und Dominique Viart (Hrsg.), „Littératures de terrain“.>>>
- „Nous avions laissé derrière nous les mélancolies des grandes villes, le paysage nous enivrait, nous éprouvions au cœur des tendresses infinies et des miséricordes profondes.“ Maxime du Camp, Par les champs et par les grèves. Motto in Jean Rolin, Chemins d’eau.>>>
- „En haut de cet escalier se voyaient deux lampadaires en fonte, dont l’urbanité jurait avec la rusticité de tout le reste […].“ Jean Rolin, Les événements, 107.>>>
- „Bref, c’est un paysage sans gaieté, du genre que même en temps de paix on associerait volontiers à l’idée de batailles meurtrières.“ Jean Rolin, Les événements, 29.>>>
- „Glücklich ist, wer den Tag über der Brücke von Bezons hat aufgehen sehen.“ Vgl. Joachim Du Bellay, „Heureux qui, comme Ulysse, a fait un beau voyage, / Ou comme celui-là qui conquit la Toison, / Et puis est retourné, plein d’usage et raison, / Vivre entre ses parents le reste de son âge! / […]“ Dt. von Ralph Dutli: „Glücklich, wer wie Odysseus eine schöne Reise / Machte oder der Mann, der einst das Vlies errang / Und wiederkam, erprobt und voller Weisheit, lang / Zu leben für den Rest nur im vertrauten Kreise! / […]“, vgl. Frankfurter Anthologie, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Juni 2018.>>>
- „Si, en entrant à Verrières, le voyageur demande à qui appartient cette belle fabrique de clous qui assourdit les gens qui montent la grande rue, on lui répond avec un accent traînard : Eh ! elle est à M. le maire.“ Stendhal, Le rouge et le noir, chap. 1 „Une petite Ville“.>>>
- „La ligne de démarcation entre la ville et la campagne n’est pas aussi claire que celle qui séparait pendant la guerre la zone libre de la zone occupée. Elle est variable, incertaine, émiettée. Elle ressemble pourtant parfois à un terrain en guerre : avec le souvenir des défenses d’autrefois, les forts de deuxième ceinture et les déchets qui obstruent certains chemins agricoles, barrières de béton, fosses destinées à décourager les squatteurs…“ Samoyault, „La Traversée de Bondoufle, de Jean Rolin.“>>>
- „L’écrivain se met en scène en marcheur invétéré, souvent aussi indécis que la frontière qu’il cherche, parfois ennuyé, parfois clownesque lorsqu’il est poursuivi par un petit chien ou qu’il se perd dans un champ de maïs ; il n’a rien d’un aventurier.“ Samoyault.>>>
- Aus der Darstellung des DFG-Projekts „Ästhetik und Poetik urbaner Zwischenräume in der französischen Moderne“ von Wolfram Nitsch u.a., www.terrainvague.de, vgl. Wolfram Nitsch, „Terrain vague: zur Poetik des städtischen Zwischenraums in der französischen Moderne“, Comparatio 5, 2013, 1-18.>>>