Car les millions de morts de la guerre de 14, le décès du fils aîné, la perte de la vue, même l’autoportrait de Monet en ectoplasme, cela ne suffit pas. Cela ne me suffit pas ! Ce ne peut pas être aussi facile. Impossible ! Pour être bien gardé, un secret ménage plusieurs niveaux de sécurité et mon syndrome de l’Orangerie me dit qu’il y a autre chose. Il me dit qu’il faut creuser davantage, plonger plus profond dans le bassin aux nymphéas. Je n’ai, jusqu’à présent, fait qu’effleurer l’écume des Grands Panneaux et il faut zoomer encore plus loin. Zoomer à mort, jusqu’à franchir la barrière macroscopique du visible. Afin d’épuiser le mystère des Nymphéas. Épuiser ma propre angoisse. Ce qui revient au même.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
Denn die Millionen Toten des Ersten Weltkriegs, der Tod des ältesten Sohnes, der Verlust des Augenlichts, sogar Monets Selbstporträt als Ektoplasma – das ist nicht genug. Das reicht mir nicht! Es kann nicht so einfach sein. Es ist unmöglich! Um gut gehütet zu werden, muss ein Geheimnis mehrere Sicherheitsstufen haben, und mein Orangerie-Syndrom sagt mir, dass es da noch etwas anderes gibt. Es sagt mir, dass wir tiefer graben, tiefer in das Seerosenteich eintauchen müssen. Bisher habe ich nur die Schaumkrone der Großen Tafeln gestreift, und ich muss noch weiter hineinzoomen. Ich muss mich zu Tode zoomen, bis ich die makroskopische Barriere des Sichtbaren überwunden habe. Um das Geheimnis der Seerosen zu ergründen. Meine eigene Angst zu erschöpfen. Was auf dasselbe hinausläuft.
Während eines Besuchs im Musée de l’Orangerie in Paris, wo Monets Nymphéas ausgestellt sind, erleidet der Erzähler eine plötzliche Angstattacke. Dieses unerwartete Unwohlsein steht im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung dieser monumentalen Werke, die oft als Symbol für Frieden, Meditation und Harmonie verstanden werden. Doch anstatt das Gefühl schnell abzutun, begibt sich Bouillier auf eine obsessive Suche nach dessen Ursache. Der Text wird zu einer Art künstlerischer Detektivgeschichte, in der der Erzähler – in der Rolle des Detektivs Bmore – den Verdacht entwickelt, dass Monet etwas in seinen Bildern verborgen haben könnte. Diese Grundannahme führt zu einer Untersuchung, die sich nicht nur mit der Kunst Monets, sondern auch mit Fragen der Wahrnehmung, der Kunstgeschichte und der historischen Dimension von Kunst auseinandersetzt. Grégoire Bouilliers Le Syndrome de l’Orangerie vereint essayistische Reflexion, detektivische Recherche, autobiografische Erinnerungen und kunstkritische Analysen zu einer außergewöhnlichen Erzählform.
Prousts Recherche
Marcel Proust integriert in seiner Recherche du temps perdu Bezüge zu Claude Monet und dessen impressionistischer Malerei, so die Seerosen in der berühmten Madeleine-Szene oder ein Spaziergang an der Vivonne, bei dem der Erzähler die Wasserpflanzen zunächst als chaotisch und unansehnlich empfindet, bis er einen Garten mit Teichen voller Seerosen erkennt, die er als wunderschön und geordnet wahrnimmt. Prousts Figur des Malers Elstir erinnert an Monet, dieser fängt in seinen Seestücken die flüchtigen Momente des Lebens ein und hält die wechselnden Lichtverhältnisse und die Vergänglichkeit des Augenblicks in seinen Werken fest. Proust beschreibt Elstirs Gemälde als Transformationen der Realität, die eine neue Wahrnehmung der Welt ermöglichen.
Mais plus loin le courant se ralentit, il traverse une propriété dont l’accès était ouvert au public par celui à qui elle appartenait et qui s’y était complu à des travaux d’horticulture aquatique, faisant fleurir, dans les petits étangs que forme la Vivonne, de véritables jardins de nymphéas. Comme les rives étaient à cet endroit très boisées, les grandes ombres des arbres donnaient à l’eau un fond qui était habituellement d’un vert sombre mais que parfois, quand nous rentrions par certains soirs rassérénés d’après-midi orageux, j’ai vu d’un bleu clair et cru, tirant sur le violet, d’apparence cloisonnée et de goût japonais. Çà et là, à la surface, rougissait comme une fraise une fleur de nymphéa au cœur écarlate, blanc sur les bords. Plus loin, les fleurs plus nombreuses étaient plus pâles, moins lisses, plus grenues, plus plissées, et disposées par le hasard en enroulements si gracieux qu’on croyait voir flotter à la dérive, comme après l’effeuillement mélancolique d’une fête galante, des roses mousseuses en guirlandes dénouées. Ailleurs un coin semblait réservé aux espèces communes qui montraient le blanc et le rose proprets de la julienne, lavés comme de la porcelaine avec un soin domestique, tandis qu’un peu plus loin, pressées les unes contre les autres en une véritable plate-bande flottante, on eût dit des pensées des jardins qui étaient venues poser comme des papillons leurs ailes bleuâtres et glacées, sur l’obliquité transparente de ce parterre d’eau ; de ce parterre céleste aussi : car il donnait aux fleurs un sol d’une couleur plus précieuse, plus émouvante que la couleur des fleurs elles-mêmes ; et, soit que pendant l’après-midi il fît étinceler sous les nymphéas le kaléidoscope d’un bonheur attentif, silencieux et mobile, ou qu’il s’emplît vers le soir, comme quelque port lointain, du rose et de la rêverie du couchant, changeant sans cesse pour rester toujours en accord, autour des corolles de teintes plus fixes, avec ce qu’il y a de plus profond, de plus fugitif, de plus mystérieux — avec ce qu’il y a d’infini — dans l’heure, il semblait les avoir fait fleurir en plein ciel.
Marcel Proust, A la Recherche du temps perdu.
Weiter flussabwärts verlangsamt sich die Strömung und durchquert ein Grundstück, zu dem der Eigentümer, der sich dort mit Wasser-Gartenbau beschäftigte, der Öffentlichkeit den Zugang gestattete. In den kleinen Teichen, die die Vivonne bildet, blühten wahre Seerosengärten. Da die Ufer an dieser Stelle sehr bewaldet waren, gaben die großen Schatten der Bäume dem Wasser einen Hintergrund, der normalerweise dunkelgrün war, aber manchmal, wenn wir an bestimmten Abenden, die nach stürmischen Nachmittagen beruhigt waren, zurückkehrten, sah ich ein helles, rotes Blau, das ins Violette überging, mit einer getäfelten Optik und einem japanischen Geschmack. Hier und da, an der Oberfläche, errötete eine Seerosenblüte mit scharlachrotem Herzen, weiß an den Rändern, wie eine Erdbeere. Weiter weg waren die zahlreicheren Blumen blasser, weniger glatt, körniger, faltiger und zu so anmutigen Windungen angeordnet, dass man glaubte, sie würden treiben, wie nach dem melancholischen Abstreifen eines galanten Festes, schaumige Rosen in losen Girlanden. An anderer Stelle schien ein Winkel den gewöhnlichen Arten vorbehalten zu sein, die das saubere Weiß und Rosa der Julienne zeigten, wie Porzellan mit häuslicher Sorgfalt gewaschen, während etwas weiter, in einem wahren schwimmenden Beet zusammengedrückt, es schien, als hätten sich Gartenstiefmütterchen niedergelassen, die wie Schmetterlinge ihre bläulichen und eisigen Flügel auf der transparenten Schräge dieses Wasserbeets; dieses himmlischen Beets auch: denn es gab den Blumen einen Boden von einer Farbe, die kostbarer und bewegender war als die Farbe der Blumen selbst; und ob es nun am Nachmittag unter den Seerosen das Kaleidoskop eines aufmerksamen, stillen und beweglichen Glücks funkeln ließ oder ob es er sich gegen Abend füllte wie ein ferner Hafen mit dem Rosa und der Träumerei des Sonnenuntergangs, der sich ständig veränderte, um immer im Einklang zu bleiben, um die Blütenkrone mit ihren festeren Farben herum, mit dem, was am tiefsten, am flüchtigsten, am geheimnisvollsten ist – mit dem, was unendlich ist – in dieser Stunde, schien er sie mitten am Himmel erblühen zu lassen. 1
Ein zentrales Element von Bouilliers Buch ist die kritische Auseinandersetzung mit der Art und Weise, wie wir Kunst wahrnehmen. Er argumentiert, dass wir oft nicht mit den Augen sehen, sondern mit Wörtern. Wenn wir ein berühmtes Kunstwerk betrachten, sind wir meist schon von einer vorgefertigten Bedeutung umgeben: Wir wissen, dass die Nymphéas ein „Meisterwerk“ sind, dass sie „friedlich“ wirken sollen, dass Monet sie als Meditation über Licht und Wasser gemalt hat. Diese Wissensvorgaben lenken unsere Wahrnehmung, sodass wir nicht mehr wirklich sehen, sondern nur das bestätigen, was wir bereits wissen. Der Erzähler stellt diese Art des Sehens radikal infrage. Seine Angstattacke vor den Nymphéas könnte genau daher rühren: Er sieht etwas, das nicht in das vorgegebene Raster der allgemeinen Kunstrezeption passt. Er sieht nicht das „Meisterwerk“, sondern etwas Verstörendes, etwas Bedrohliches. Damit stellt Bouillier die Frage, ob die Wahrnehmung eines Kunstwerks nicht viel individueller und subjektiver ist, als es Kunstkritiker oder Museen uns glauben machen wollen. Ein weiteres Beispiel für diese Wahrnehmungskritik ist die Diskussion über den Museumsbesuch selbst. Bouillier beschreibt, wie Menschen ein Gemälde betrachten, indem sie zuerst das Schild mit dem Titel und dem Künstlernamen lesen. Erst dann sehen sie das Bild. Das heißt: Ihre Wahrnehmung wird sofort in eine bestimmte Richtung gelenkt. Hier setzt Bouillier eine kunsttheoretische Reflexion an, die an den französischen Philosophen Maurice Merleau-Ponty erinnert, der die Subjektivität der Wahrnehmung untersuchte.
Antonionis Blow up
Rentré chez moi, j’ai songé qu’à l’Orangerie, ce n’était pas une salle de musée que j’avais vue, c’était une scène de crime.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
Als ich nach Hause kam, dachte ich daran, dass ich in der Orangerie keinen Museumsraum gesehen hatte, sondern einen Tatort.
Entgegen der üblichen Lesart der Nymphéas also, die sie als friedvolle Naturmeditation versteht, deutet Bouillier sie als eine verborgene Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg. Monet malte die Nymphéas zwischen 1914 und 1918 – genau während der Jahre des Ersten Weltkriegs. Bouillier fragt sich, ob dieser historische Kontext nicht in das Werk eingeflossen sein könnte. Was, wenn die Nymphéas nicht nur ein idyllischer Garten sind, sondern ein codiertes Denkmal für die Kriegstoten? Diese Lesart wird besonders plausibel, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Monet die Bilder Clemenceau, dem französischen Premierminister, gewidmet hat, der wiederum für seinen kompromisslosen Kriegskurs bekannt war. Diese These hat eine tief poetische Kraft: Sie stellt die gesamte Wahrnehmung von Monets Werk auf den Kopf. Statt als Impressionismus in Reinform, als Feier des Lichts, erscheinen die Nymphéas plötzlich als ein Werk der Trauer, als ein Totengedächtnis. Bouillier beschreibt dieses Konzept mit der Vorstellung, dass Monet die Nymphéas als eine Art Massengrab für die Gefallenen des Krieges gemalt haben könnte – eine poetische Metapher, die das Werk in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.
Ein maßgebliches Element der Erzählökonomie von Le Syndrome de l’Orangerie ist die detektivische Herangehensweise des Erzählers. Inspiriert von literarischen und filmischen Vorbildern – insbesondere Michelangelo Antonionis Film Blow-Up – folgt der Erzähler einer Spurenlogik, Bouillier nutzt diesen Film als poetische Linse, durch die er sein eigenes Erlebnis mit Monets Gemälden betrachtet. In Blow-Up meint der Protagonist Thomas, ein Londoner Fotograf, auf einem seiner Bilder möglicherweise eine Leiche zu entdecken, die zunächst unsichtbar war. Durch schrittweises Vergrößern des Bildausschnitts glaubt er, einen Mordfall aufzudecken. Doch mit jeder weiteren Vergrößerung verliert das Bild an Klarheit, bis es sich schließlich in reine Körnung und abstrakte Flecken auflöst.

So wie der Fotograf in Blow-Up eine scheinbar banale Szene immer weiter vergrößert, bis er einen möglichen Mord entdeckt, versucht Bouillier, die Nymphéas einer Art forensischer Untersuchung zu unterziehen. Der Erzähler ist nicht mehr nur ein Betrachter, sondern jemand, der „ermittelt“, der versucht, einen Tatort zu rekonstruieren, wo andere nur eine künstlerische Vision sehen. Er sucht nach Hinweisen, die erklären könnten, warum ihn die Gemälde so verstören. Dieses Prinzip der Vergrößerung, der Fokussierung auf Details, prägt die gesamte Erzählweise. Bouillier schreibt nicht linear, sondern in einer Art assoziativer Bewegung, bei der ein Gedanke zum nächsten führt, oft über lange Abschweifungen und Exkurse. Diese Abschweifungen sind jedoch keine bloßen Ablenkungen, sondern funktionale Bestandteile der Erzählstrategie, die sich durch eine Mischung aus Erinnerung, Recherche und Reflexion auszeichnet. Dieses Motiv des „erweiternden Sehens“, das in der Auflösung endet, ist essenziell für Bouilliers Erzählstrategie. Bouilliers Erzähler nimmt an, dass sich in Monets Werk ein Geheimnis verbirgt – möglicherweise ein verdrängtes Trauma, eine unbewusste Spur der Geschichte. Doch je weiter er in seine eigene Analyse eintaucht, desto mehr verwischen die Grenzen zwischen Realität, Interpretation und Obsession.
En 1914, la cataracte de Monet n’a pas encore atteint son point de non-retour. Elle évolue « paresseusement », dit-il. Elle n’en est pas moins bien avancée. Les Grands Panneaux en témoignent, avec leur format immense pour diluer les problèmes de précision, leurs teintes floues et aléatoires perçues à travers des verres corrigeant la vision jaune qui menace de tout emporter, leurs perspectives dépravées, leurs masses s’indifférenciant, comme noyées dans une espèce de pénombre, comme peintes, sinon à l’aveuglette, du moins à l’instinct. Selon qu’il regarde avec son œil droit ou son œil gauche, Monet déploie des monochromes rouges ou bleus. Sérendipitise ses couleurs. Les Nymphéas ne sont pas seulement sens dessus dessous dans leur composition (ciel en bas, étang vertical) mais dans leur intimité picturale même.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
1914 hatte Monets Grauer Star noch nicht den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab. Sie entwickelt sich „träge“, wie er sagt. Dennoch ist sie weit fortgeschritten. Die Grands Panneaux zeugen davon, mit ihrem riesigen Format, um die Probleme der Genauigkeit zu verwässern, ihren verschwommenen und zufälligen Farbtönen, die durch Gläser wahrgenommen werden, die die gelbe Sicht korrigieren, die alles wegzunehmen droht, ihren verkommenen Perspektiven, ihren sich nicht unterscheidenden Massen, die wie in einer Art Halbdunkel ertränkt sind, als wären sie, wenn schon nicht blind, so doch zumindest aus Instinkt gemalt. Je nachdem, ob er mit dem rechten oder dem linken Auge schaut, entfaltet Monet rote oder blaue Monochrome. Serendipitisiert seine Farben. Die Seerosen stehen nicht nur in ihrer Komposition auf dem Kopf (Himmel unten, Teich senkrecht), sondern auch in ihrer malerischen Intimität selbst.
Penny sieht die Obsession des Erzählers kritisch: Sie hält seine Interpretation für überzogen – genau wie die Menschen um Thomas in Blow-Up seinen Verdacht nicht ernst nehmen. Doch genau hier setzt Bouillier eine poetische Strategie ein: Er spielt mit der Frage, ob der Erzähler wirklich mehr sieht als andere oder ob seine Wahrnehmung selbst eine Illusion ist.
Erblindung, Abstraktion und Vision
Wie in Blow-Up stellt sich auch in Le Syndrome de l’Orangerie die Frage, ob eine Interpretation durch ihre eigene Intensität die Realität verändert. Thomas verliert sich in seinen Bildvergrößerungen, bis er nichts mehr erkennen kann. Bouillier überträgt diese Logik auf die Wahrnehmung der Nymphéas. Der Erzähler nähert sich den Bildern so obsessiv, dass sie ihre „offizielle“ Bedeutung verlieren und zu etwas völlig anderem werden. Blow-Up bietet Bouillier eine Struktur, um die Unsicherheit von Wahrnehmung und Interpretation darzustellen. Das detektivische Element im Roman ist nicht nur eine Spielerei, sondern erlaubt, die Grenzen zwischen Kunst, Geschichte und persönlichem Erleben zu verwischen. Wie Thomas im Film erkennt auch der Erzähler von Le Syndrome de l’Orangerie, dass das, was wir sehen, letztlich von unserer eigenen Vorstellungskraft geformt wird – und dass in dieser Ungewissheit das eigentliche Mysterium liegt. Ein Beispiel für diese detektivische Struktur ist der Moment, in dem der Erzähler die Vorstellung entwickelt, dass Monet ein dunkles Geheimnis in seinen Bildern verborgen hat. Dabei beginnt er, einzelne Elemente der Nymphéas genau zu analysieren: die Farbe des Wassers, die Art, wie das Licht auf den Blättern spielt, die mögliche Symbolik der Farben. Indem er immer tiefer in die Struktur der Bilder eindringt, nähert er sich langsam einer eigenen Interpretation, die weit über die konventionellen kunsthistorischen Deutungen hinausgeht.
Les Rothko et les Sam Francis savaient-ils que l’abstraction trouve aussi son origine dans la déficience visuelle de Monet ?
Enfermé dans son Grand Atelier de 300 m2. Proie des ténèbres et luttant contre elles. Ne peignant pas sur le motif mais de mémoire. À Giverny, Monet n’est plus le Monet d’avant sa cataracte. Il n’est plus le même Monet et il n’est même plus Monet : il ressemble plutôt à l’homme de Chauvet. Il devient l’homme de la grotte Chauvet qui, il y a 36 000 ans, dans l’obscurité quasi utérine d’une grotte d’environ 400 m de long, peignit sur d’immenses parois des animaux représentés avec une telle finesse et une telle exactitude qu’on les croirait saisis sur le vif. Sauf que les lionnes, les rhinocéros laineux et autres chevaux sauvages ne posaient pas pour lui. L’homme de Chauvet (qui était aussi une femme, protesterait Penny et elle aurait raison) ne disait pas à la lionne ou au rhinocéros laineux : « Plus bas l’encolure, plus au vent la crinière, arrête de bouger bon sang ! » Sa grotte n’était pas une arche de Noé et l’homme de Chauvet ne peignait pas ce qu’il avait devant les yeux, non, il recréait a posteriori le monde extérieur à partir des images que celui-ci avait déposées en lui. Il ne copiait en aucun cas la nature : il la restituait en pensée, il la reconstituait en imagination. Après avoir longuement regardé et fréquenté ces animaux auxquels son environnement le confrontait physiquement et dangereusement. Si bien qu’il pouvait les peindre après coup comme s’il les avait encore sous les yeux. Mieux que s’il les avait sous les yeux car il les voyait augmentés de son imagination, de son vécu, de sa sensibilité et de ses impressions. Ce qui, pour des hommes que l’on dit préhistoriques, implique une fantastique opération mentale. Une merveilleuse capacité de mémorisation. Une intériorité véritable. Implique l’invention du temps. Si, à Chauvet, cinq mille ans séparent le dessin d’un cheval jaune de celui d’un autre se trouvant juste à côté, neuf années séparent, à l’Orangerie, tel nymphéa de tel autre, sans que l’on puisse déterminer exactement lesquels : il faudrait pouvoir dater chaque centimètre carré des panneaux avec une technologie incroyablement plus fine (disons, au jour près) que celle du carbone 14.
On ne le croirait pas, mais les Nymphéas de Monet sont des peintures rupestres. À 36 000 années de distance, les Grands Panneaux ressuscitent les lionnes, les mammouths, les rhinocéros laineux et les chevaux sauvages, sauf qu’ils sont devenus des fleurs d’eau. Comme un passage de l’animal au végétal. Mais la volonté de faire reculer l’ombre est la même. Le principe de mémorisation aussi. Quant à l’ampleur des fresques, n’en parlons pas. De même que l’homme de Chauvet éleva certains animaux au rang de bestiaire, Monet fit de même avec ses nymphéas. Peignant dans l’atelier de sa grotte-utérus, il transporte Chauvet à Giverny. Ou c’est Giverny qui se retrouve en Ardèche. Les cartes ne disent pas toute la vérité. Même les deux salles de l’Orangerie, avec ses étroits passages les faisant communiquer, étroits passages expressément voulus par Monet, ont quelque chose des ramifications souterraines d’une grotte pariétale, mais stylisées et réduites à l’essentiel. Du reste, tous les musées sont d’immenses grottes ornées, à cette différence que la pleine lumière a remplacé l’obscurité la plus totale. Ce qui, d’une certaine façon, revient au même. Monet en eut le premier l’intuition, lui qui exigea (non sans mal, Clemenceau peut en témoigner !) que ses Nymphéas soient installés dans l’exacte configuration dans laquelle ils sont aujourd’hui exposés à l’Orangerie.
Confronté à ses propres ténèbres, Monet est allé chercher au plus loin la lumière. Il est remonté aux sources artistiques de l’humanité, à l’aube qui est la nôtre à tous. Si les Nymphéas sont un sommet de l’art moderne, c’est parce qu’ils sont paléolithiques. (Comme quoi, il n’est pas besoin de faire table rase du passé pour aller de l’avant.) Voilà encore un paradoxe bien dans la manière de Monet.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
Wussten die Rothkos und Sam Francis‘, dass die Abstraktion ihren Ursprung auch in Monets Sehschwäche hat?
Eingeschlossen in seinem 300 m2 großen Grand Atelier. Der Dunkelheit ausgeliefert und gegen sie kämpfend. Er malte nicht nach dem Motiv, sondern aus dem Gedächtnis. In Giverny ist Monet nicht mehr der Monet, der er vor seinem grauen Star war. Er ist nicht mehr derselbe Monet und er ist nicht einmal mehr Monet: Er ähnelt eher dem Mann aus Chauvet. Er wird zum Mann aus der Chauvet-Höhle, der vor 36 000 Jahren in der fast geburtshilflichen Dunkelheit einer etwa 400 m langen Höhle auf riesige Wände Tiere malte, die so fein und genau dargestellt waren, dass man glaubte, sie seien aus dem Leben gegriffen. Nur standen ihm Löwinnen, Wollnashörner und andere Wildpferde nicht Modell. Der Mann von Chauvet (der auch eine Frau war, würde Penny protestieren, und sie hätte Recht) sagte nicht zur Löwin oder zum Wollnashorn: „Hals tiefer, Mähne in den Wind, hör auf, dich zu bewegen, verdammt!“ Seine Höhle war keine Arche Noah und der Mann von Chauvet malte nicht, was er vor Augen hatte, nein, er schuf im Nachhinein die Außenwelt aus den Bildern, die diese in ihm abgelegt hatte. Er kopierte die Natur auf keinen Fall: Er gab sie in Gedanken wieder, er stellte sie in seiner Fantasie nach. Nachdem er die Tiere, mit denen ihn seine Umgebung physisch und gefährlich konfrontierte, lange betrachtet und mit ihnen verkehrt hatte. So gut, dass er sie im Nachhinein so malen konnte, als hätte er sie noch vor Augen. Besser als wenn er sie unter Augen gehabt hätte, denn er sah sie um seine Vorstellungskraft, seine Erfahrungen, seine Sensibilität und seine Eindrücke erweitert. Was für Menschen, die man als prähistorisch bezeichnet, eine fantastische geistige Operation voraussetzt. Eine wunderbare Fähigkeit, sich zu erinnern. Eine echte Innerlichkeit. Und die Erfindung der Zeit. Wenn in Chauvet fünftausend Jahre zwischen der Zeichnung eines gelben Pferdes und der Zeichnung eines anderen Pferdes direkt daneben liegen, so liegen in der Orangerie neun Jahre zwischen einer Nymphea und einer anderen, ohne dass man genau sagen kann, welche es sind.
Man würde es nicht glauben, aber Monets Seerosen sind Höhlenmalereien. 36.000 Jahre entfernt lassen die Großen Tafeln Löwinnen, Mammuts, Wollnashörner und Wildpferde wieder auferstehen, nur dass sie zu Wasserblumen geworden sind. Wie ein Übergang vom Tier zur Pflanze. Aber der Wille, den Schatten zurückzudrängen, ist derselbe. Das Prinzip des Erinnerns ebenfalls. Was die Größe der Fresken angeht, so wollen wir nicht darüber reden. So wie der Chauvet-Mensch bestimmte Tiere in den Rang eines Bestiariums erhob, tat Monet das Gleiche mit seinen Seerosen. Als er im Atelier seiner Uterushöhle malte, brachte er Chauvet nach Giverny. Oder es ist Giverny, das sich in der Ardèche wiederfindet. Die Karten sagen nicht die ganze Wahrheit. Selbst die beiden Säle der Orangerie mit ihren schmalen Verbindungsgängen, die von Monet ausdrücklich gewollt waren, haben etwas von den unterirdischen Verzweigungen einer Höhlenmalerei, sind aber stilisiert und auf das Wesentliche reduziert. Im Übrigen sind alle Museen riesige, verzierte Höhlen, mit dem Unterschied, dass das volle Licht an die Stelle der völligen Dunkelheit getreten ist. Was in gewisser Weise auf das Gleiche hinausläuft. Monet erkannte dies als Erster, als er (nicht ohne Schwierigkeiten, wie Clemenceau bezeugen kann!) forderte, dass seine Seerosen in genau der Konfiguration aufgestellt werden, in der sie heute in der Orangerie ausgestellt sind.
Als Monet mit seiner eigenen Dunkelheit konfrontiert wurde, suchte er so weit wie möglich nach dem Licht. Er ging zu den künstlerischen Quellen der Menschheit zurück, zu der Morgendämmerung, die wir alle erleben. Wenn die Seerosen ein Höhepunkt der modernen Kunst sind, dann deshalb, weil sie aus dem Paläolithikum stammen. (Wie man sieht, muss man die Vergangenheit nicht auslöschen, um nach vorne zu blicken). Das ist wieder ein Paradoxon, das gut zu Monets Art passt.
Bouilliers Le Syndrome de l’Orangerie ist ein literarisches Experiment, das sich durch seine radikale Subjektivität auszeichnet. Die Poetik des Buches ist geprägt von einer detektivischen Struktur, einer scharfsinnigen Wahrnehmungskritik und einer historischen Tiefenanalyse, die eine alternative Lesart eines ikonischen Kunstwerks vorschlägt.
Je serais vraiment curieux de connaître les deux premiers panneaux. Ceux signés le jour de l’armistice. Les connaît-on seulement ? J’aimerais, oui, voir les Nymphéas dans l’ordre dans lequel ils furent peints. Peut-être leur chronologie montrerait-elle l’évolution de la peinture de Monet, les hauts et les bas qu’il connut, en tant que peintre et en tant qu’homme. Peut-être verrait-on tout à coup le récit des Nymphéas ! Mais leur disposition d’est en ouest reproduisant la course du Soleil l’espace d’une seule journée escamote leur chronologie dans le temps long. Le cadran solaire étouffe le tic-tac de l’horloge. Les quatre années qu’il vient de vivre et de peindre, Monet les a ramenées à une seule journée, exactement comme Joyce condense à la même époque les dix années de l’Odyssée d’Homère en vingt-quatre heures. Sacrée coïncidence ! Qui doit tout à la guerre détraquant les horloges. Une heure à Verdun pouvait sembler plus longue qu’une vie entière ou passer à la vitesse de l’éclair. Ainsi une ligne invisible relie-t‑elle Ulysse de James Joyce et les Nymphéas de Claude Monet. (Il faudrait lister toutes les œuvres qui, réalisées en temps de guerre, n’en soufflent pourtant pas un mot. Je suis persuadé qu’elles n’ont pas livré tous leurs secrets.) Inversement, on peut dire que Monet a donné à une seule journée la valeur de quatre années. Parce que le temps de la guerre n’est pas celui du cours ordinaire des choses. Et parce que, chez lui, tout apparaît toujours double, inversé, mis sens dessus dessous, comme reflété dans un miroir. Une chose en dévoile chaque fois une autre. Une couleur en recouvre une autre, la laissant deviner seulement par transparence. Mais elle est là, enfouie, enterrée, irradiante. Pourvu qu’on zoome assez près.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
Ich wäre wirklich neugierig, die ersten beiden Tafeln zu kennen. Die, die am Tag des Waffenstillstands unterzeichnet wurden. Sind sie überhaupt bekannt? Ja, ich würde die Seerosen gerne in der Reihenfolge sehen, in der sie gemalt wurden. Vielleicht würde ihre Chronologie die Entwicklung von Monets Malerei zeigen, die Höhen und Tiefen, die er als Maler und als Mensch erlebte. Vielleicht würde man plötzlich die Erzählung der Seerosen sehen! Aber ihre Anordnung von Ost nach West, die den Lauf der Sonne an einem einzigen Tag wiedergibt, escamotisiert ihre Chronologie in der langen Zeit. Die Sonnenuhr erstickt das Ticken der Uhr. Monet hat die vier Jahre, die er gelebt und gemalt hat, auf einen einzigen Tag reduziert, genau wie Joyce zur gleichen Zeit die zehn Jahre von Homers Odyssee auf 24 Stunden verdichtet. Was für ein Zufall! Der alles dem Krieg zu verdanken hat, der die Uhren durcheinander brachte. Eine Stunde in Verdun konnte einem länger als ein ganzes Leben vorkommen oder wie im Flug vergehen. So verbindet eine unsichtbare Linie James Joyces Ulysses und Claude Monets Seerosen. (Man müsste all die Werke auflisten, die in Kriegszeiten entstanden sind und dennoch kein Wort darüber verlieren. Ich bin überzeugt, dass sie nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben haben.) Umgekehrt kann man sagen, dass Monet einem einzigen Tag den Wert von vier Jahren verliehen hat. Weil die Zeit des Krieges nicht die Zeit des gewöhnlichen Laufs der Dinge ist. Und weil, bei ihm, alles immer doppelt, umgekehrt, auf den Kopf gestellt, wie in einem Spiegel reflektiert erscheint. Eine Sache enthüllt jedes Mal eine andere. Eine Farbe überdeckt eine andere und lässt sie nur durch die Transparenz erahnen. Aber sie ist da, vergraben, begraben, strahlend. Vorausgesetzt, man zoomt nah genug heran.
Der Text fordert den Leser heraus, indem er herkömmliche Interpretationsmuster dekonstruiert und durch spekulative, aber faszinierende Hypothesen ersetzt. Dabei liegt der besondere Reiz des Buches darin, dass es keine endgültigen Antworten liefert. Der Erzähler ist sich selbst nie sicher, ob seine Interpretation richtig ist oder ob er sich in eine fixe Idee verrennt. Diese Unsicherheit ist jedoch kein Mangel, sondern der eigentliche poetische Motor des Buches. Le Syndrome de l’Orangerie zeigt, dass Kunst niemals eine abgeschlossene Bedeutung hat, sondern immer wieder neu gedeutet werden kann – und dass diese Deutung so sehr von unserem eigenen Blick abhängt wie von dem, was das Kunstwerk selbst zu offenbaren scheint. Bouilliers Werk ist somit nicht nur eine Hommage an Monet, sondern auch an die Ungewissheit des Sehens und die unendliche Interpretierbarkeit der Kunst.
Au passage, je le confirme : on ne retrouve rien des Nymphéas de l’Orangerie lorsqu’on est à Giverny. C’est même frappant. Monet n’a pas peint la réalité (qu’il avait créée). En aucun cas. (Évidemment !) Giverny est une fausse piste. C’est un prétexte. Un leurre. (Le modèle n’est pas le tableau.) Ce qu’a peint Monet se trouve ailleurs. C’est autre chose. Son jardin imaginaire, il n’existe sur la toile qu’à travers « le voile de son âme » (de son inconscient ?). Je sais bien que tout le monde est persuadé que Monet a peint son bassin aux nymphéas. Il est même à parier que la plupart des gens préfèrent le jardin aux Grands Panneaux, tellement il est extraordinaire ! Par comparaison, les Nymphéas semblent en dessous de la réalité. Ils ne restituent pas la « magie » des lieux. Eh quoi, rien n’est plus beau que la Nature ! L’Art ne saurait rivaliser ! (Blablabla.) Cela doit arranger les gens de penser ce genre de trucs surgelés. Alors que l’art surgit très précisément de cet écart avec la réalité, que ce soit en moins ou en trop. Monet disait peindre l’espace qui le séparait de l’arbre et non l’arbre lui-même. On ne saurait être plus clair. N’en déplaise à ce photographe qui passe le plus clair de son temps à retrouver tous les endroits (et dieu sait s’il y en a) où Monet a posé son chevalet et, une fois qu’il est certain de l’emplacement, aux données GPS près, il prend une photo, clic-clac. Il prend la photo qu’aurait prise Monet s’il avait été photographe. Il va jusqu’à naviguer dans une barque, s’évertuant à petits coups de rames à retrouver le point de vue exact qui fut celui de Monet lorsqu’il peignit depuis son bateau-atelier tel ou tel bord de la Seine. Un travail titanesque (mais si ça lui fait plaisir, grand bien lui fasse). Une entreprise totalement vaine (selon moi), mais qui a un mérite : lorsqu’on compare les photos avec les tableaux, on voit qu’elles ne restituent à aucun moment ce que Monet a peint. On vérifie à quel point la peinture, même celle de simples nymphéas flottant à la surface de l’eau, est cosa mentale. Paul Klee disait que « la peinture ne cherche pas à rendre le visible, mais à rendre visible ». Sous-entendu : rendre visible ce qui ne l’est pas. Par exemple, le vent, la musique, les sentiments, le temps, les idées, les lois et les forces magnétiques, les correspondances et les analogies. Par exemple, les esprits, les fantômes, les spectres, du latin spectrum, « apparition », « vision » en français. Un terme forgé par Isaac Newton dans ses travaux sur la décomposition de la lumière blanche par le prisme des couleurs. Kandinsky, lui, parlait carrément de « spirituel dans l’art ». Les Nymphéas de Monet sont des visions. Ils n’ont rien à voir avec des photos qui, elles, captent le dehors de la réalité et non son dedans. Les qualités qui sont celles de l’œil extérieur ne sont pas celles qui appartiennent à l’œil intérieur, lequel n’obéit pas aux lois de l’optique. Ce pourquoi, même quasi aveugle, Monet pouvait continuer de peindre ; alors qu’un photographe n’ayant plus qu’1/10e aux deux yeux, je demande à voir ses photos.
Grégoire Bouillier, Le Syndrome de l’Orangerie.
Übrigens kann ich das bestätigen: Man findet nichts von den Seerosen in der Orangerie wieder, wenn man in Giverny ist. Es ist sogar auffällig. Monet hat die (von ihm geschaffene) Realität nicht gemalt. In keinem Fall. (Offensichtlich!) Giverny ist eine falsche Fährte. Es ist ein Vorwand. Ein Köder. (Das Modell ist nicht das Bild.) Was Monet gemalt hat, befindet sich woanders. Es ist etwas anderes. Sein imaginärer Garten, er existiert auf der Leinwand nur durch „den Schleier seiner Seele“ (seines Unterbewusstseins?). Ich weiß sehr wohl, dass jeder davon überzeugt ist, dass Monet seinen Seerosenteich gemalt hat. Man kann sogar wetten, dass die meisten Menschen den Garten den Großen Tafeln vorziehen, weil er so außergewöhnlich ist! Im Vergleich dazu scheinen die Seerosen unterlegen zu sein. Sie geben die „Magie“ des Ortes nicht wieder. Nichts ist so schön wie die Natur! Die Kunst kann da nicht mithalten! (Blablabla.) Es muss den Menschen guttun, wenn sie dieses tiefgekühlte Zeug denken. Dabei entsteht Kunst doch gerade aus dieser Abweichung von der Realität, sei es ein Weniger oder ein Zuviel. Monet sagte, er male den Raum, der ihn vom Baum trennt, und nicht den Baum selbst. Deutlicher kann man es nicht sagen. Ob es dem Fotografen gefällt oder nicht, der die meiste Zeit damit verbringt, die Orte (und weiß Gott wie viele) zu finden, an denen Monet seine Staffelei aufgestellt hat, und wenn er sich des Ortes bis auf die GPS-Daten sicher ist, macht er ein Foto, klick-klack. Er macht das Foto, das Monet gemacht hätte, wenn er ein Fotograf gewesen wäre. Er fährt sogar in einem Boot und versucht mit kleinen Ruderschlägen, den genauen Blickwinkel zu finden, den Monet hatte, als er von seinem Atelierboot aus dieses oder jenes Ufer der Seine malte. Eine Mammutaufgabe (aber wenn es ihm Freude bereitet, sei es ihm gegönnt). Ein (meiner Meinung nach) völlig sinnloses Unterfangen, das jedoch einen Verdienst hat: Wenn man die Fotos mit den Gemälden vergleicht, sieht man, dass sie zu keinem Zeitpunkt das wiedergeben, was Monet gemalt hat. Man überprüft, wie sehr das Malen, selbst das Malen von einfachen Seerosen, die auf der Wasseroberfläche schwimmen, cosa mentale ist. Paul Klee sagte, dass „die Malerei nicht versucht, das Sichtbare wiederzugeben, sondern sichtbar zu machen“. Unterschwellig: etwas sichtbar machen, was nicht sichtbar ist. Zum Beispiel Wind, Musik, Gefühle, Zeit, Ideen, Gesetze und magnetische Kräfte, Entsprechungen und Analogien. Zum Beispiel Geister, Gespenster, Gespenster, vom lateinischen spectrum, „Erscheinung“, auf Deutsch „Vision“. Ein Begriff, der von Isaac Newton in seinen Arbeiten über die Zerlegung des weißen Lichts durch das Farbprisma geprägt wurde. Kandinsky hingegen sprach regelrecht vom „Geistigen in der Kunst“. Monets Seerosen sind Visionen. Sie haben nichts mit Fotos zu tun, die ihrerseits das Äußere der Realität und nicht ihr Inneres einfangen. Die Qualitäten, die dem äußeren Auge eigen sind, sind nicht die Qualitäten, die dem inneren Auge eigen sind, das nicht den optischen Gesetzen gehorcht. Deshalb konnte Monet, selbst wenn er fast blind war, weiter malen; während ein Fotograf, der nur noch 1/10 auf beiden Augen hat, ich darum bitte, seine Fotos sehen zu dürfen.
- Aus dem Französischen übersetzt von Eva Rechel-Mertens; revidiert von Luzius Keller: „Bald gerät der Lauf der Vivonne durch Wasserpflanzen ins Stocken. Erst tauchten nur vereinzelte auf, wie jene Seerose, der die Strömung, in der sie auf eine höchst unglückliche Weise ihren Standort gewählt hatte, so wenig Ruhe ließ, daß sie wie eine mechanisch betriebene Fähre an das eine Ufer nur anstieß, um gleich darauf an das eben verlassene wieder zurückzukehren, und endlos diese doppelte Überfahrt vollzog. Wenn sie nahe ans Ufer geriet, dehnte, streckte, spannte ihr Stiel sich bis zu seiner äußersten Grenze, bis zum Rand aus, wo ihn die Strömung von neuem erfaßte, das grüne Tauwerk sich zusammenzog und die arme Pflanze bis zu dem zurückführte, was man mit um so größerem Recht als ihren Ausgangspunkt bezeichnen kann, als sie dort keine Sekunde verharrte, sondern sofort wieder zur Wiederholung des gleichen Manövers aufbrach. Ich fand sie von einem Spaziergang zum anderen wieder vor, immer in gleicher Lage, so daß ich an gewisse Neurastheniker denken mußte – zu denen mein Großvater auch meine Tante Léonie rechnete –, die uns durch Jahre hindurch immer das gleiche Schauspiel ihrer bizarren Gewohnheiten gewähren, von denen sie stets annehmen, daß sie sie in kürzester Zeit wieder aufgeben werden, und die sie stets beibehalten; einmal vom Räderwerk ihres Mißbehagens und ihrer Schrullen erfaßt, machen sie unnütze Anstrengungen, um sie abzulegen, und sichern dadurch nur um so zuverlässiger das Funktionieren, das Auslösungssystem ihrer seltsamen, unausweichlichen und verderblichen Lebensweise. So war diese Seerose, die zugleich auch noch an jene Unglücklichen erinnerte, durch deren unaufhörlich in alle Ewigkeit sich erneuernde Qual die Neugier Dantes erregt wurde, der sich ihre Eigenart und die Gründe dafür noch ausführlicher von dem Gepeinigten selbst hätte erzählen lassen, wenn ihn nicht der mächtig ausschreitende Vergil gezwungen hätte, ihm schleunigst nachzueilen, so wie es mir mit meinen Eltern erging.
Etwas weiter fort verlangsamt sich der Wasserlauf; er durchquert dort einen Besitz, der für das Publikum geöffnet war dank dem Eigentümer, der sich mit Wasserpflanzenkulturen beschäftigte und in den kleinen Teichen, die die Vivonne hier bildete, wahre Seerosengärten angelegt hatte. Da die Ufer hier sehr waldig waren, gaben die tiefen Schatten der Bäume dem Wasser einen gewöhnlich tiefgrünen Untergrund, nur manchmal, wenn wir in den wieder heiteren Abendstunden nach einem gewittrigen Nachmittag heimkehrten, habe ich ihn in einem hellen, harten, ins Violette spielenden Blau gesehen, das aussah wie Cloisonné und ganz japanisch anmutete. Hier und da rötete sich erdbeerengleich auf der Oberfläche eine Seerosenblüte mit scharlachrotem Herzen und weißer Umrandung. Dann kamen andere Blüten, dichter beieinander, die bleicher, weniger glatt, körniger, faltiger und vom Zufall in so anmutigen Gewinden angeordnet waren, daß man gelöste Moosrosengirlanden im melancholischen Zerflattern nach einer Fête galante glaubte dahinschwimmen zu sehen. An einer anderen Stelle schien eine Ecke für landläufigere Arten ausgespart zu sein, die das saubere Weiß und Rosa von Nachtviolen hatten, frisch gewaschen wie mit hausfraulicher Sorgfalt behandeltes Porzellan, während noch etwas weiter fort, wo sie dicht aneinandergedrängt wie in einer schimmernden Rabatte erblühten, man sie für Stiefmütterchen hätte halten können, die wie Schmetterlinge aus den Gärten hierhergeflattert waren, um ihre bläulichen Flügel auf die durchsichtige Neigung dieses Wasserbeetes zu setzen; auch ein Himmelbeet war es, denn es gab den Blumen einen Untergrund von erlesenerer und eindrucksvollerer Färbung, als die der Blumen selbst es war; und ob es nun am Nachmittag unter den Seerosen das Kaleidoskop eines lebendig wachen, schweigenden und beweglichen Glücks aufschimmern ließ, oder ob es sich zum Abend hin wie ein ferner Hafen mit dem Rosenrot und der Verträumtheit des Sonnenuntergangs füllte, wobei es sich unaufhörlich veränderte und rings um die mit beständigeren Farben getönten Blumenkronen herum stets mit allem in Einklang zu bleiben suchte, was an Tiefstem, an Flüchtigstem, an Geheimnisvollstem – was an Unendlichem – in der Tagesstunde liegt, man glaubte, sie erblühten im Himmel.
Beim Verlassen des Parks gewinnt die Vivonne ihre Strömung zurück. Wie oft habe ich dann einen Ruderer gesehen – wie oft mir gewünscht, sobald ich einmal ganz nach meiner Neigung leben könnte, es ihm nachzutun –, der mit eingelegten Riemen und zurückgelegtem Kopf flach auf dem Rücken liegend den Nachen treiben ließ, nichts sah als den Himmel, der langsam über ihn dahinzog, und auf seinem Antlitz einen Vorgeschmack des Glücks, des Friedens trug.“>>>