Du, ja. Du, nicht. Laurent Gaudé über den 13. November 2015

Nous sommes assis en terrasse. Nous bavardons. Buvons. Racontons notre semaine ou nos projets. Il y a des éclats de rire et des silences gênés. Des yeux qui se cherchent, des mains qui se touchent. Nous ne sentons pas que quelque chose a changé. Il est là. Le Hasard. Il s’avance, descend la rue de son pas irrégulier, murmurant entre ses dents une chanson au refrain effrayant : “Toi, oui… Toi, pas…” Mais qui l’entend pour l’instant ? Qui se doute qu’il est venu pour régner et que c’est lui, désormais, qui va décider de nous, décider de tout.

Laurent Gaudé, Terrasses ou Notre long baiser si longtemps retardé: récit, I.

Wir sitzen auf der Terrasse. Wir plaudern. Wir trinken. Erzählen von unserer Woche oder unseren Plänen. Es wird gelacht und verlegen geschwiegen. Augen, die sich suchen, Hände, die sich berühren. Wir spüren nicht, dass sich etwas verändert hat. Es ist einfach da. Das Schicksal. Es tritt vor, geht mit seinem unregelmäßigen Schritt die Straße hinunter und murmelt zwischen den Zähnen ein Lied mit einem beängstigenden Refrain: „Du, ja… Du, nicht…“. Aber wer hört es im Moment? Wer ahnt, dass es gekommen ist, um zu herrschen, und dass es von nun an über uns entscheiden wird, über alles entscheiden wird.

Laurent Gaudés Terrasses vereint Grausamkeit, Politik und Zärtlichkeit auf subtile Weise. Der chorische Roman spart die brutale Realität von Terror und Gewalt nicht aus, lässt aber dennoch Platz für menschliche Verbundenheit und Hoffnung. Gaudé erschafft narrativ eine Welt, die gleichermaßen düster wie mitfühlend ist, wenn er die Pariser Terrassen als soziale Räume zeigt, die Fragilität und Verwundbarkeit einer Gesellschaft verbinden. Die Pariser leben ihren Alltag in scheinbarer Unbekümmertheit, bis diese Routine von einer brutalen Wirklichkeit durchbrochen wird. Die Terrassen, bis dato Orte der Freiheit und des sozialen Austauschs, werden in eine Bühne verwandelt, auf der menschliche Beziehungen und Werte von Chaos und Gewalt verschlungen werden. Gaudé wählt eine literarische Form, die sich zwischen Drama, Lyrik und dem Erzählerischen des Romans bewegt. Terrasses ist kein Dokumentarstück, das die Fakten der Attentate auflistet. Stattdessen greift Gaudé auf die Mittel der literarischen Verfremdung und die Kraft der Sprache zurück, um einen tiefen menschlichen Zugang zu einem kollektiven Trauma zu finden. Diese Gattungsmischung ermöglicht es, die individuelle und kollektive Erfahrung von Verlust und Gewalt zu vermitteln, ohne sich an die strengen Regeln einer traditionellen Tragödie zu halten. Die Chorstruktur des Textes erinnert an antike Tragödien, in denen der Chor die Aufgabe hatte, nicht nur das Geschehen zu kommentieren, sondern auch die kollektive Stimme einer Gesellschaft widerzuspiegeln. In Terrasses tritt dieser Chor in Form der Überlebenden und der Geister der Opfer auf. Der Text wechselt zwischen den Stimmen von Individuen, die in ihrem Alltag gefangen sind, und jenen, die in den Augenblicken der Gewalt sterben. Diese narrative Strategie erlaubt es Gaudé, die Grenzen zwischen Leben und Tod, Realität und Erinnerung zu verwischen. Die Verwebung von Dichtung und Tragödie hebt das Werk aus der Masse der literarischen Auseinandersetzungen mit Terroranschlägen heraus. Während andere Werke oft versuchen, dokumentarische Genauigkeit zu erreichen, wählt Gaudé einen anderen Weg: die essenzielle menschliche Erfahrung in einem poetischen und dennoch realistischen Rahmen zu erfassen.

Die Terroristen vom 13. November 2015 werden bei Gaudé nicht als individuelle Charaktere mit detaillierten Biografien oder persönlichen Motivationen dargestellt. Diese bewusste Distanzierung und Anonymisierung verleiht ihnen eine gesichtslose, unaufhaltsame Bedrohung und betont den allgemeinen Schrecken, den Terroranschläge in der Gesellschaft auslösen. Ihre Darstellung dient weniger der Untersuchung individueller Antriebe oder psychologischer Tiefen, sondern vielmehr der Illustration des destruktiven Einflusses, den der Terrorismus auf das Leben unschuldiger Menschen und die soziale Ordnung hat. Die Erzählung konzentriert sich mehr auf die Auswirkungen der Gewalt als auf die Täter selbst. Die Opfer, die Überlebenden und ihre Geschichten stehen im Vordergrund. Aus deren Sicht erscheinen die Angriffe willkürlich und unvorhersehbar, was die Ohnmacht und Verzweiflung der Figuren verstärkt.

Je voudrais avoir le temps de dire adieu à ce que je suis, mais je ne l’ai pas. Je voudrais avoir le temps de penser à ceux que j’aime et que je laisse mais tout ce qui me vient à l’esprit, c’est la longue liste de ce que je ne ferai plus… Je ne danserai plus. Je ne rirai plus. Je ne serai plus jamais en sueur, en retard, en forme. Je n’aurai plus jamais envie de courir, de manger, de dormir. Je ne regarderai plus les garçons dans le métro, imaginant le goût de leur baiser ou la sensation de leurs bras autour de ma taille. Je ne boirai plus jamais d’eau, de champagne, de bière. Je n’aurai plus jamais envie de faire l’amour. Je ne me blesserai plus jamais. Je n’aurai plus peur. Je ne t’aimerai plus. Tu ne me caresseras plus. Je ne connaîtrai pas de nouvel été. Je n’aurai pas d’enfant. Je ne dépenserai jamais l’argent que j’ai économisé. Je ne verrai plus mes parents. Cette mouche qui se colle sur ma joue vivra plus longtemps que moi. Je ne parlerai plus, ne penserai plus, ne serai plus jamais traversée par un souvenir. Je ne vieillirai pas. Je ne mourrai pas de toutes ces morts que j’ai parfois imaginées et qui toutes me terrifiaient. Je ne me demanderai plus jamais si je suis vraiment heureuse. Je ne m’assiérai plus jamais à une terrasse. Je ne serai plus jamais terrassée… Je ne serai plus… Plus jamais celle que je fus… Jamais… Je ne deviendrai jamais… Plus rien d’autre… Que ce que je fus.

Tout est renversé. Les chaises. À terre. Les corps. À terre. Les verres brisés et nos vies, renversées. J’ai tout vu depuis le trottoir d’en face. Je suis pétrifié. Incapable de bouger, de crier, de me sauver. Je reste bouche ouverte. Lorsqu’ils repartent, je m’approche. Nous sommes quelques-uns à faire comme moi. Les victimes nous appellent. Nous ne savons que faire mais nous le faisons. Il y a du sang, partout. C’est là que nous nous rencontrons. Tu es consciente. Tu ne peux pas bouger. Je m’approche. Me penche sur toi. Je te fais un garrot avec un bout de tissu qu’une main me tend. Toi, que je n’avais pas vue, que je ne devais jamais connaître, toi, sidérée dans la douleur, si pâle, qui fais des efforts pour ne pas hurler, je suis tout près de toi et je te jure que je ne te quitterai pas.

Je ne nous laisserai pas mourir. Je n’abandonnerai pas notre joie et nos sourires dans le sang. Ai-je seulement eu le temps de te caresser, de remonter le long du fil tatoué sur ton bras ? Qui a le droit de me priver de cela ? Qui peut oser entrer dans ma vie pour piétiner ce moment que j’avais tant espéré ? L’œil est dans la tombe et déjà nous dévore. Nous entrons dans des heures sans boussole et nos yeux se ferment. Laquelle de nous deux gît sur le sol et laquelle pleure à ses côtés ? Laquelle de nous deux a peur, gémit comme une enfant et laquelle plonge à sa suite pour aller la chercher en enfer ? Si c’est moi, ne me laisse pas. Si c’est moi, n’écoute pas ceux qui te disent d’attendre les secours, de ne pas me déplacer. Si c’est moi qui saigne et gémis, prends-moi dans tes bras et emmène-moi loin de tout cela.

Laurent Gaudé, Terrasses ou Notre long baiser si longtemps retardé: récit, II.

Ich wünschte, ich hätte die Zeit, mich von dem zu verabschieden, was ich bin, aber ich habe sie nicht. Ich wünschte, ich hätte Zeit, an die zu denken, die ich liebe und die ich verlasse, aber alles, was mir einfällt, ist die lange Liste der Dinge, die ich nicht mehr tun werde … Ich werde nicht mehr tanzen. Ich werde nicht mehr lachen. Ich werde nie wieder schwitzen, zu spät kommen, fit sein. Ich werde nie wieder rennen, essen oder schlafen wollen. Ich werde nie wieder Jungs in der U-Bahn anschauen und mir vorstellen, wie ihr Kuss schmeckt oder wie sich ihre Arme um meine Taille anfühlen. Ich werde nie wieder Wasser, Champagner oder Bier trinken. Ich werde nie wieder Lust auf Sex haben. Ich werde mich nie wieder verletzen. Ich werde keine Angst mehr haben. Ich werde dich nicht mehr lieben. Du wirst mich nicht mehr streicheln. Ich werde keinen neuen Sommer mehr erleben. Ich werde keine Kinder haben. Ich werde nie das Geld ausgeben, das ich gespart habe. Ich werde meine Eltern nie mehr sehen. Die Fliege, die an meiner Wange klebt, wird länger leben als ich. Ich werde nie mehr sprechen, nie mehr denken, nie mehr von einer Erinnerung durchdrungen werden. Ich werde nicht altern. Ich werde nicht an all den Todesarten sterben, die ich mir manchmal vorgestellt habe und die mich alle in Angst und Schrecken versetzten. Ich werde mich nie wieder fragen, ob ich wirklich glücklich bin. Ich werde nie wieder auf einer Terrasse sitzen. Ich werde nie wieder terrorisiert werden … Ich werde nie wieder … Nie wieder die sein, die ich einmal war … Nie wieder … Ich werde nie wieder … Nichts anderes … Als das, was ich einmal war.

Alles ist umgestürzt. Die Stühle. Auf dem Boden. Die Körper. Auf dem Boden. Zerbrochene Gläser und unser Leben, auf den Kopf gestellt. Ich habe alles vom gegenüberliegenden Bürgersteig aus gesehen. Ich bin wie versteinert. Unfähig, mich zu bewegen, zu schreien, mich zu retten. Ich stehe mit offenem Mund da. Als sie wieder weggehen, gehe ich näher. Ein paar von uns tun es mir gleich. Die Opfer rufen uns. Wir wissen nicht, was wir tun sollen, aber wir tun es. Überall ist Blut zu sehen. Das ist der Ort, an dem wir uns treffen. Du bist bei Bewusstsein. Du kannst dich nicht bewegen. Ich komme näher. Beuge mich über dich. Ich klemme das Bluten ab mit einem Stück Stoff, den mir eine Hand reicht. Du, die ich nicht gesehen habe, die ich nie kennenlernen sollte, du, die vor Schmerz wie betäubt ist, so blass, die sich bemüht, nicht zu schreien, ich bin ganz nah bei dir und ich schwöre dir, dass ich dich nicht verlassen werde.

Ich werde uns nicht sterben lassen. Ich werde unsere Freude und unser Lächeln nicht im Blut liegen lassen. Habe ich nur Zeit gehabt, dich zu streicheln, den tätowierten Faden auf deinem Arm hinaufzuklettern? Wer hat das Recht, mir das zu nehmen? Wer darf es wagen, in mein Leben zu treten, um diesen Moment, auf den ich so sehr gehofft hatte, mit Füßen zu treten? Das Auge ist im Grab und verschlingt uns bereits. Wir betreten Stunden ohne Kompass und unsere Augen schließen sich. Wer von uns beiden liegt auf dem Boden und wer weint an seiner Seite? Wer von uns beiden hat Angst, wimmert wie ein Kind und wer von uns beiden taucht hinter ihr her, um sie aus der Hölle zu holen? Wenn ich es bin, verlass mich nicht. Wenn ich es bin, höre nicht auf die, die dir sagen, dass du auf Hilfe warten sollst, dass ich mich nicht bewegen soll. Wenn ich es bin, die blutet und stöhnt, dann nimm mich in deine Arme und führe mich weg von all dem.

Paris, eine Stadt voller Leben, in der die Menschen ihrem normalen Alltag nachgehen und sich auf den Feierabend freuen. Die Terrassen sind das Zentrum einer multikulturellen und heterogenen Gesellschaft, in der die Menschen sich trotz ihrer Unterschiede nah sind. Doch unter dieser scheinbaren Normalität lauert bereits die Bedrohung. Im ersten Teil wird gerade der normale Tag der Routinen im Leben der Menschen als Ausgangspunkt genommen, sie sind nicht als Einzelhelden, sondern miteinander verbunden dargestellt. „Peu importe mon nom Lisa Prune ou Leïla. Nous sommes tant. Toutes différentes et si proches.“ – „Es ist egal, ob ich Lisa Prune oder Leïla heiße. Wir sind so viele. Alle verschieden und so nah.“ (Kap. I) Spannung entsteht hier durch Andeutungen, dass die Idylle trügerisch ist. Erzählerisch fällt der multiperspektivische Ansatz auf, der die Vielfalt der Stadtbewohner widerspiegelt. Die Erzählung wird aus verschiedenen anonymen Perspektiven geschildert, die zunächst unabhängig voneinander wirken, aber alle auf die Geschehnisse am Abend hinauslaufen. Ihre freundliche Interaktion wird durch den Anschlag zu verzweifelten Rufen nach Hilfe, zu Telefonanrufen, die ins Leere gehen, bis hin zum Schweigen des Terrors, zur radikalen Entfremdung zwischen den Menschen und Isolation angesichts der Ereignisse: Eskalation und damit eine Zerrüttung der vertrauten Gegenwart. Der Spannungsbogen wird durch die ständige Unterbrechung der Idylle der Terrassen durch die Ankunft des Unheils getragen. Erzählerisch fällt die Perspektive auf, die zwischen verschiedenen Figuren wechselt, ohne dass diese als Protagonisten etabliert werden. Die Mehrstimmigkeit des Romans unterstreicht das kollektive Schicksal, dabei wird oft ein introspektiver Ton angenommen, etwa die wiederholten Fragen, die sich die Menschen angesichts der Angriffe stellen: „Y a-t-il un bruit que le malheur aurait fait en se levant et que nous aurions dû reconnaître ?“ – „Gibt es ein Geräusch, das das Unglück macht, wenn es sich erhebt, und das wir hätten erkennen müssen?“

Der zweite Abschnitt geht in den Schock über, er schildert, wie eine Gruppe junger Männer die Terrassen stürmt und beginnt, auf die Menschen zu schießen. Die Perspektiven wechseln zwischen den Opfern, die plötzlich mit dem Unvorstellbaren konfrontiert werden: „Nous ne comprenons pas parce que la mort n’est jamais aussi difficile à reconnaître que lorsqu’elle se montre nue.“ („Wir verstehen es nicht, weil der Tod nie so schwer zu erkennen ist, wie wenn er sich nackt zeigt.“) Die Figuren sind nicht fähig, das Geschehen sofort zu begreifen. Die Gewalt ist anonym und wahllos – niemand wird verschont, und die Figuren werden zu bloßen Statisten in einer unkontrollierbaren Katastrophe. Das Erzähltempo beschleunigt sich deutlich, wiederholte Sätze im Präsens schaffen eine unaufhaltsame Dynamik der Gewalt. Die grausamsten Szenen im Buch sind unbestreitbar diejenigen, die die brutalen Angriffe auf die Terrassen der Cafés schildern. Die Gewalt bricht unerwartet und mit schockierender Plötzlichkeit über die Figuren herein, und Gaudé beschreibt die Tötungen mit einer nüchternen, beinahe distanzierten Sprache, die die Grausamkeit der Ereignisse noch verstärkt. Eine Szene, in der wahllos auf Menschen geschossen wird, die gerade noch friedlich zusammensaßen, verleiht der Gewalt eine Alltäglichkeit, die besonders verstörend ist. Das Fehlen detaillierter Beschreibungen der körperlichen Qualen macht die Grausamkeit der Ereignisse eher subtil und dennoch tiefgreifend spürbar. Gaudé vermeidet es, voyeuristisch zu werden, doch die Schilderung der panischen Reaktionen der Opfer, die hilflos versuchen, sich in Sicherheit zu bringen, und die anschließende Ohnmacht der Überlebenden, macht diese Szenen besonders grausam. Im dritten Abschnitt geht die Kommunikationslawine los, durch Medien oder Telefonanrufe von den Angriffen erfahren Unbeteiligte vom Anschlag, es entsteht eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit. Eine Mutter etwa versucht verzweifelt, ihre Töchter zu erreichen. Die Bildsprache ist von Verwirrung und Unsicherheit geprägt, und das Sprachregister wechselt zwischen sachlich und panisch, um die aufkeimende Angst widerzuspiegeln. Trotz der technologischen Mittel, die zur Verfügung stehen, scheitert die Verständigung. Die Sprachlosigkeit symbolisiert die Hilflosigkeit und das Auseinanderbrechen der sozialen Bindungen in der Krise: „Allô ?… Vous m’entendez ? Venez vite !“ Die Sprache versagt.

Danse, encore. Tant que tu voudras. Nous ne voulons pas revenir au monde. Pas tout de suite. Pas encore. Danse. Nous sommes bien, entre nous, pris par la même ivresse. Nous tenons éloigné tout ce qui viendrait rompre notre vertige. Allez, danse. Vous essayez de nous appeler, vous qui êtes à l’extérieur de cette salle, nos amours, nos parents, nos amis, mais nous ne répondons pas. Vous réessayez, vous voulez vérifier que tout va bien. Vous voulez nous transmettre les dernières nouvelles, entendre nos voix, être soulagés, mais nous ne répondons pas. Nous dansons. Rien ne parvient jusqu’à nous. La musique est trop forte, est trop bonne, nous emmène dans des vertiges qui nous font sourire l’âme. Laissez-nous. Laissez-nous danser encore, puisque tout va finir.

Là, à cet instant, je ne suis plus en colère. Je suis bien. Je t’ai oublié, Gabriel. J’ai laissé ton visage crispé sur le pas de la porte. J’ai laissé mon énervement se perdre dans la musique. Tout ce qui m’entoure me fait du bien : l’alcool que j’ai bu, la sueur qui me coule le long des tempes. Je ne pense pas non plus à Lila. Je n’ai pas besoin de penser à elle pour qu’elle soit en moi. Je crois même que je suis heureuse, justement, d’être une jeune mère capable d’oublier son enfant le temps d’une soirée. Je me dis que c’est ce que je veux pour toi, Lila : une maman qui danse et boit, qui a encore des amies, qui peut s’engueuler avec papa, claquer la porte si elle le souhaite. Que cela te rendra forte et belle. Je ne pense pas à toi parce que je ne pense plus à rien, je suis bien, mais tu es en moi, ma fille, jusqu’au bout, en moi.

Danse, ma sœur. Nous ne sommes plus à la terrasse de ces cafés qui ont été saccagés mais au milieu de corps en transe. Tu es loin de Barcelone. Tu profites de Paris. Les garçons sont beaux et tournent autour de toi. Tu les laisses s’approcher, t’envisager, tu as toujours su faire cela et je t’admire de ne pas avoir peur de leur désir. C’est pour cela, aussi, que je suis ta cadette. Je n’ai jamais eu ton assurance. Tu es souveraine. Danse, ma sœur. Ne regarde pas ton portable sur lequel il y a des dizaines d’appels en absence de notre mère qui s’inquiète, se tord les mains de ne pas arriver à nous joindre. Danse. Restons ensemble. Nous avons trente ans ce soir. Nous avons réussi encore une fois à nous retrouver pour notre anniversaire, pour entrer dans cette nouvelle année côte à côte, comme cela a toujours été.

Laurent Gaudé, Terrasses ou Notre long baiser si longtemps retardé: récit, IV.

Tanz weiter, tanz weiter. So lange du willst. Wir wollen nicht zurück in die Welt. Nicht jetzt schon. Nicht schon wieder. Tanze. Wir sind wohl unter uns, vom selben Rausch ergriffen. Wir halten alles fern, was unseren Schwindel unterbrechen könnte. Komm schon, tanz. Du versuchst, uns zu rufen, die ihr außerhalb dieses Raumes seid, unsere Lieben, unsere Eltern, unsere Freunde, aber wir antworten nicht. Du versuchst es noch einmal, du willst dich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Ihr wollt uns die neuesten Nachrichten übermitteln, unsere Stimmen hören, erleichtert sein, aber wir antworten nicht. Wir tanzen. Nichts dringt zu uns durch. Die Musik ist zu laut, ist zu gut, führt uns in Schwindelgefühle, die unsere Seele zum Lächeln bringen. Lass uns einfach tanzen. Lass uns weiter tanzen, denn alles wird enden.

In diesem Moment, in diesem Augenblick, bin ich nicht mehr wütend. Ich bin in Ordnung. Ich habe dich vergessen, Gabriel. Ich habe dein verkrampftes Gesicht auf der Türschwelle liegen lassen. Ich habe meine Wut in der Musik verschwinden lassen. Alles um mich herum fühlt sich gut an: der Alkohol, den ich getrunken habe, der Schweiß, der mir die Schläfen hinunterläuft. Ich denke auch nicht an Lila. Ich muss nicht an sie denken, damit sie in mir ist. Ich glaube sogar, dass ich froh bin, dass ich eine junge Mutter bin, die ihr Kind für einen Abend vergessen kann. Ich sage mir, dass ich mir das für dich wünsche, Lila: eine Mutter, die tanzt und trinkt, die noch Freundinnen hat, die sich mit Papa streiten und die Tür zuschlagen kann, wenn sie will. Dass dich das stark und schön macht. Ich denke nicht an dich, weil ich an nichts mehr denke, es geht mir gut, aber du bist in mir, meine Tochter, bis zum Ende, in mir.

Tanz, meine Schwester. Wir sind nicht mehr auf den Terrassen der Cafés, die verwüstet wurden, sondern inmitten von Körpern in Trance. Du bist weit weg von Barcelona. Du genießt Paris. Die Jungs sind schön und umkreisen dich. Du lässt sie sich nähern und dich in Betracht ziehen. Das konntest du schon immer und ich bewundere dich dafür, dass du keine Angst vor ihrem Verlangen hast. Das ist auch der Grund, warum ich deine Jüngste bin. Ich hatte nie dein Selbstbewusstsein. Du bist souverän. Tanz, meine Schwester. Schau nicht auf dein Handy, auf dem Dutzende von Anrufen in Abwesenheit unserer Mutter eingehen, die sich Sorgen macht und die Hände ringt, weil sie uns nicht erreichen kann. Tanz einfach. Lass uns zusammen bleiben. Wir werden heute Abend dreißig Jahre alt. Wir haben es wieder einmal geschafft, uns an unserem Geburtstag zu treffen, um Seite an Seite in das neue Jahr zu gehen, so wie es schon immer war.

Ausgelassenes Feiern im Club wird in einem nächsten Abschnitt mit der nahen Gefahr kontrastiert. Euphorie und Hedonismus tanzender Menschen sehen wir mit dem Wissensvorsprung, der aus den ersten Abschnitten hereinragt. Im fünften Abschnitt ist ein Höhepunkt der Gewalt erreicht: Die Schießereien gehen weiter, und die Menschen sind gefangen. Es gibt keinen Ausweg, und die Überlebenden kämpfen verzweifelt um ihr Leben: „Je me couche à terre dans la fosse pour essayer de disparaître.“ („Ich lege mich in der Grube auf den Boden und versuche zu verschwinden“.) Die absolute Macht der Angreifer über die Opfer als bloße Objekte wird deutlich: „Nous sommes à leur merci dorénavant.“ („Wir sind ihnen von nun an ausgeliefert.“) Das Sprachregister ist hier zunächst lebendig und poetisch, doch die Bildlichkeit wird zunehmend düster, um die bevorstehende Zerstörung anzudeuten. Wenn im Folgeabschnitt die Sicherheitskräfte eingreifen, dann vor einer bereits voll eskalierten Gewalt. Die Gewalt wird nun auch auf einer strukturellen Ebene thematisiert. Die Figur eines Notfallkoordinators symbolisiert die strukturellen und institutionellen Reaktionen auf die Anschläge. Seine Versuche, die Situation zu kontrollieren und Hilfe zu leisten, zeigen die Grenzen des Staates in einer Krisensituation. Indirekt beleuchtet das Werk Fragen des kollektiven Traumas, der staatlichen Verantwortung und der Fragilität der öffentlichen Sicherheit, was eine politische Dimension in die Erzählung einbringt. Es gibt auch Momente, in denen die Angst vor den Angreifern in allgemeine Befürchtungen über den Zerfall des sozialen Zusammenhalts und die wachsende Spaltung in der französischen Gesellschaft umschlägt. Unter dieser Bedrohung dient Sprache nicht mehr zur Verständigung, sondern zur Kontrolle und zum Überleben: „Je lui dis de parler moins fort, de faire la morte.“ („Ich sage ihr, dass sie leiser sprechen und sich tot stellen soll.“) Die Gewalt verlagert sich in der Folge von willkürlichen Angriffen hin zu gezielten Machtdemonstrationen durch Geiselnahmen. Die wahllose Schießerei weicht der fokussierten Machtübernahme durch die Geiselnehmer. Die Dynamik des Terrors wechselt von der anonymen Masse der Opfer hin zu einer gezielten Kontrolle weniger Menschen, die als „jouets“ entmenschlicht sind. Die Geiseln werden nicht als Individuen wahrgenommen, sondern als bloße Werkzeuge in der Machtstrategie der Angreifer. Erzählerisch wird die Spannung durch die Fokussierung auf das Machtgefälle zwischen Tätern und Opfern aufgebaut. Die Dystopie wird hier auf eine persönliche Ebene gehoben, indem sie zeigt, wie die Opfer nicht nur physisch, sondern auch psychologisch unterworfen werden. Die Kommunikation ist auf ein Minimum reduziert, da die Opfer in völliger Abhängigkeit von den Tätern stehen. Außerhalb der Terrassen und des Clubs entwickelt sich in der Stadt eine Atmosphäre der Paranoia und Panik. Die Menschen, die von den Angriffen hören, versuchen, sich in Sicherheit zu bringen, aber die Verwirrung und das Chaos nehmen überhand: „Les rues sont désertes, mais on sent la peur partout.“ („Die Straßen sind leer, aber man kann die Angst überall spüren“.) Obwohl der physische Angriff auf bestimmte Orte begrenzt ist, hat der Terror die Kontrolle über das öffentliche Leben übernommen. Die leeren Straßen werden zum Sinnbild der Isolation und des Zusammenbruchs der sozialen Ordnung.

Im neunten Abschnitt sind die Überlebenden der Terrassen und des Clubs in einem Moment der extremen Konfrontation miteinander gefangen: sowohl Opfer als auch Geiselnehmer. Einige von ihnen stehen vor existenziellen Entscheidungen: Flucht, Widerstand oder Kapitulation im Angesicht des Todes. Die Figuren hinterfragen den Wert des Überlebens in einer Situation, in der alle Sicherheiten und moralischen Werte zerstört wurden. Als Überlebende sehen sie sich gezwungen, die gleichen brutalen Entscheidungen zu treffen wie ihre Angreifer. Die Gewalt hat die Figuren nicht nur physisch, sondern auch moralisch und emotional verändert. Kommunikation ist in dieser Phase kaum noch möglich; die Figuren sind innerlich isoliert. Der letzte Abschnitt „Notre long baiser“ („Unser langer Kuss“) bildet eine Art Epilog, in dem die Überlebenden versuchen, mit den Folgen der Gewalt umzugehen, trotz einer verlorenen Unschuld und trotz der vergeblichen Hoffnung auf einen Neubeginn. Der Kuss, der zuvor in einem romantischen Kontext stand, wird hier zur Metapher dafür, dass es nicht möglich ist, die Vergangenheit wiederherzustellen; auch nach dem Ende der unmittelbaren Gewalt lebt der Terror in den Seelen und Beziehungen der Überlebenden weiter. „Je te regarde, mais je ne te reconnais plus.“ („Ich sehe dich an, aber ich erkenne dich nicht mehr.“) Selbst diejenigen, die die Gewalt überlebt haben, sind durch die Erlebnisse so verändert, so entfremdet, dass sie sich nicht mehr als dieselben Personen wahrnehmen können, es hat eine tiefgreifende Zerstörung von menschlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Strukturen stattgefunden. Die Traumatisierung verblasst nicht mit dem Ende der physischen Gewalt, sondern setzt sich in den psychologischen und emotionalen Wunden der Überlebenden fort. Erzählerisch schließt der Abschnitt den Kreis, indem er zeigt, wie die Figuren durch die Erlebnisse dauerhaft entfremdet wurden. Die Kommunikation zwischen den Figuren ist brüchig und unfähig, die erlebte Gewalt zu verarbeiten. Die Bildsprache ist melancholisch und konzentriert sich auf die vergebliche Hoffnung auf einen Neuanfang.

Laurent Gaudé, Terrasses, Théâtre De La Colline, Paris, Regie: Denis Marleau. Bild: (c) Simon Gosselin.

Laurent Gaudés Terrasses ist eine eindrucksvolle Darstellung der Zerbrechlichkeit der modernen Gesellschaft und ihrer Unfähigkeit, auf plötzliche Gewalt zu reagieren. Die zehn Abschnitte zeigen, wie sich die Gewalt auf alle Aspekte des städtischen Lebens auswirkt – von der physischen Zerstörung über die psychologische Verunsicherung bis hin zur moralischen Entfremdung der Überlebenden. Die – reale – Dystopie in Terrasses liegt nicht nur in der unmittelbaren Gewalt, sondern auch in der dauerhaften Zerstörung von sozialen Bindungen und der Unmöglichkeit, zu einer früheren Normalität zurückzukehren. Es handelt sich dabei nicht um eine reine Chronik der Ereignisse, sondern um ein polyphones Werk, das die Stimmen der Betroffenen, Überlebenden, Opfer und Helfer in einem emotional dichten Chor vereint. Die Inszenierung des Stücks am Théâtre National de la Colline in Paris im Mai 2024 unter der Regie von Denis Marleau hat dem Text eine zusätzliche Dimension verliehen. Gaudé schafft es, die individuelle Tragik jedes einzelnen Opfers in den größeren Kontext einer Gesellschaft einzubetten, die von Angst und Unsicherheit geprägt ist, aber dennoch versucht, Resilienz zu zeigen. Die Formel „Nous resterons tristes longtemps, mais pas terrifiés. Pas terrassés“ („Wir werden lange traurig sein, aber nicht verängstigt. Nicht niedergeschlagen“) ist ein Bekenntnis zur Widerstandsfähigkeit eines offenen französischen Volkes geworden und versucht den Spagat zwischen Trauer und dem festen Willen zur Überwindung der Gewalt und der Angst. Wie Laura Cappelle in ihrer New York Times-Kritik beschreibt, ist Gaudés Werk nicht nur eine Erinnerung an die Gewalt der Terroranschläge, sondern auch eine Art „kathartischer Prozess“. Die Inszenierung von Denis Marleau in Paris im Jahr 2024 hat diese Katharsis auf die Bühne gebracht, indem sie die Themen Schicksal, Zufall und Überleben in den Vordergrund stellt. Der emotionale Bogen, der von der Vorfreude der Figuren auf einen schönen Abend bis hin zur tödlichen Gewalt reicht, zeigt, wie zerbrechlich der soziale Zusammenhalt ist. Gleichzeitig bietet die kollektive Verarbeitung des Schmerzes Raum für Heilung. Gaudés Werk besticht durch seine sprachliche Dichte und seine Fähigkeit, poetische Bilder zu schaffen, die die Grausamkeit der Ereignisse mit einer ästhetischen Leichtigkeit verbinden. Denis Marleaus Inszenierung greift diese Ästhetik auf, indem er auf eine minimalistische Bühne setzt, die durch schwarz-weiße Projektionen der Pariser Straßen ergänzt wird. Die Schauspieler bewegen sich wie Schatten auf der Bühne, was die Geisterhaftigkeit der Ereignisse unterstreicht. Marleau verzichtet bewusst auf dramatische Effekte und lässt die Gewalt oft nur durch die Reaktionen der Schauspieler erahnen. Diese Zurückhaltung verstärkt die emotionale Wirkung des Stücks, indem sie den Zuschauer zwingt, die Lücken mit seinen eigenen Erinnerungen und Gefühlen zu füllen.

J’ai tout vu sur ton visage. Tu souriais. Tu me répondais. Et puis, d’un coup, tu t’es mise à fixer des yeux quelque chose dans mon dos. J’ai vu que l’objet de ton attention t’enlevait à moi. J’ai vu tes yeux s’écarquiller plus qu’ils n’auraient dû le faire. Ce ne pouvait plus être quelqu’un que tu connaissais qui passait. Ce ne pouvait plus être une scène de rue banale, une altercation, un ivrogne. J’ai vu la peur prendre possession de ton visage. Alors, je me suis retournée, et c’est là qu’ils ont commencé à tirer. Sur toi. Sur moi. Sur tout.

Ils tirent. Ils tirent.

J’entends des bruits dans la rue. Je vais à la fenêtre et écarte les rideaux. Je m’attends à une bagarre ou à un accident. Mais ce n’est pas cela. Des hommes sont en bas de chez moi. Avec des armes. Et tirent.

Il y a des gens à terre. Que se passe-t-il ?

Ils tirent. Ils tirent. Ils tirent encore. Cela ne s’arrête pas.

Sur ceux qui étaient assis à côté de nous. Sur ceux à qui nous parlions. Sur ceux qui essaient de s’enfuir.

Ils tirent. Ils tirent. Ils prennent tout leur temps.

“Toi, oui… Toi, pas…” Le Hasard est arrivé. Il est sur nous, s’amuse en poussant nos vies du bout des doigts. “Toi, oui… Toi, aussi…”

Laurent Gaudé, Terrasses ou Notre long baiser si longtemps retardé: récit, II.

Ich habe alles in deinem Gesicht gesehen. Du hast gelächelt. Du hast mir geantwortet. Und dann hast du plötzlich auf etwas in meinem Rücken gestarrt. Ich sah, dass das Objekt deiner Aufmerksamkeit dich von mir wegzog. Ich sah, wie deine Augen sich weiter öffneten, als sie sollten. Es konnte nicht mehr sein, dass jemand, den du kanntest, vorbeikam. Es konnte nicht länger eine gewöhnliche Straßenszene sein, ein Streit, ein Betrunkener. Ich sah, wie die Angst von deinem Gesicht Besitz ergriff. Also drehte ich mich um und da fingen sie an zu schießen. Auf dich. Auf mich. Auf alles.

Sie schießen. Sie schießen.

Ich höre Geräusche auf der Straße. Ich gehe zum Fenster und ziehe die Vorhänge beiseite. Ich erwarte einen Kampf oder einen Unfall. Aber das ist es nicht. Männer stehen vor meinem Haus. Sie haben Waffen dabei. Und schießen.

Einige Leute liegen am Boden. Was geht hier vor?

Sie schießen. Sie schießen. Sie schießen immer weiter. Es hört nicht auf.

Auf die Menschen, die neben uns saßen. Auf die, mit denen wir gesprochen haben. Auf die, die versuchen zu fliehen.

Sie schießen. Sie schießen. Sie lassen sich alle Zeit der Welt.

„Du, ja … Du, nicht …“ Das Schicksal ist eingetroffen. Es beugt sich über uns, amüsiert sich, indem es unser Leben mit den Fingerspitzen anstößt. „Du, ja … Du, auch …“

Laurent Gaudés Terrasses ist weit mehr als nur ein literarischer Text über die Terroranschläge von Paris. Es ist ein Werk, das tief in die menschliche Erfahrung von Verlust, Schmerz und Resilienz eintaucht und zugleich eine kraftvolle literarische und ästhetische Antwort auf die Gewalt der modernen Welt bietet. Die Polyphonie der Stimmen, die in Gaudés Werk zu einem Chor verschmelzen, vermittelt die Vielschichtigkeit der Erfahrungen, die an jenem schicksalhaften Tag im November 2015 gemacht wurden. Zärtliche Szenen in Terrasses kontrastieren die Grausamkeit der Gewalt und bieten kurze Momente des Innehaltens und der Menschlichkeit. Eine besonders einprägsame Szene ist der Moment, in dem ein Notfallhelfer die Hand eines sterbenden Opfers hält. Auch in den Erinnerungen und Gedanken der Figuren an ihre Liebsten finden sich zärtliche Momente. Gaudé gelingt es hier, durch kleine Gesten und Gedanken einen Kontrapunkt zu den Schrecken der Dystopie zu setzen. Diese Momente von Nähe und Liebe werden durch die abrupte Gewalt brutal unterbrochen, was ihre Bedeutung und Zärtlichkeit nur verstärkt. Einige Charaktere denken in den Augenblicken vor den Angriffen an ihre Partner, an bevorstehende Treffen oder an vergangene gemeinsame Erlebnisse.

Personne ne sait que j’avais rendez-vous avec toi. Personne ne sait que nous étions ensemble, que je t’aime, que je pourrais crier d’amour et tout déchirer pour toi. Nos familles vont finir par s’inquiéter. Nos téléphones sont sûrement saturés de messages. Ils doivent se dire que quelque chose est arrivé, que ça n’est pas normal. Peut-être ont-ils déjà appelé les hôpitaux ? Ils vont retrouver nos traces. Cela prendra du temps mais ils y parviendront. Ce qu’ils ne sauront pas, c’est qu’à l’instant où nous avons été frappées, nous étions face à face, que je te caressais le bras, que cela te chatouillait et que tu as ri, juste avant la mitraille, d’un rire qui est encore en moi. Je voudrais qu’on nous trouve ensemble, sur le même brancard, dans le même lit d’hôpital. Je voudrais que l’on sache qu’à l’instant où nous sommes mortes, j’avais envie de toi et que c’est ce goût-là que j’ai emmené avec moi.

Il est encore là, le dieu du Hasard. Plus pour longtemps, il le sait, alors, il prend tout son temps pour faire ses derniers pas. Il ne joue plus avec les balles et la trajectoire des tirs, mais avec les listes. Il déplace un nom, en ajoute un autre. Qui sera sur celle des morts ? Et qui s’en sortira ?

Je l’ai su tout de suite. Lorsque je suis entré dans ce bureau du commissariat et que l’officier de police a posé les yeux sur moi, j’ai su tout de suite qu’il allait m’annoncer que tu n’étais plus là. Je ne m’en remettrai jamais. Les gens disent que je dois tenir. Que le temps fera son effet. Qu’il faut être du côté de la vie, que je le dois à Lila. Mais ils ne savent pas que nous nous sommes quittés après nous être disputés. Que la dernière fois que je t’ai vue, tu étais en colère. Que j’ai souhaité que cette soirée soit ratée pour te donner une leçon. Ils ne savent pas que la dernière image que j’ai de toi, c’est celle de ton visage crispé, sur le seuil de la porte, au moment où tu t’en allais sans m’embrasser. Tu es morte fâchée. Je ne m’en remettrai pas.

Non, Gabriel. Je ne suis pas morte fâchée. Aux derniers instants, je t’ai demandé pardon. Je pensais à notre brouille, à ces mots lâchés dents serrées. Aux derniers instants, j’ai prié pour que tu ne m’en veuilles pas, pour que tu saches que notre amour allait balayer tout cela. Je t’ai aimé, Gabriel. Pleinement. Joyeusement. Aux tout derniers instants, je me suis laissé envahir par l’image de notre fille. Je ne m’accrochais plus à la vie. Je savais que c’était la fin. Je voulais juste m’emplir de notre petite Lila. Et je l’ai fait. Je te demande pardon, ma fille. Je t’abandonne mais ce n’est pas ce que je voulais. Je te laisse à ton papa. Qui s’occupera de toi. Je te demande pardon pour tout ce que je ne pourrai pas t’apprendre, pour tous ces instants que je ne vivrai pas à tes côtés, pour mes bras que je t’enlève bien malgré moi. Tu dois grandir. Devenir une jeune femme forte et rayonnante. Qui fera son chemin et ses propres choix. Tu devras être libre, surtout. Car c’est de cela que je meurs. Ceux qui me tuent voulaient nous contraindre, châtier notre liberté mais je ne t’ai pas donné la vie pour que tu sois soumise, Lila. Chaque sourire que tu feras sera une victoire. Chaque verre que tu boiras à la terrasse d’un café, une revanche. Ton père t’apprendra. Je te demande pardon de t’obliger à grandir sans moi. J’aurais aimé, tant aimé, n’en doute jamais, ma fille, toute petite fille qui n’est plus à moi. J’aurais aimé t’aimer encore si longtemps…

Laurent Gaudé, Terrasses ou Notre long baiser si longtemps retardé: récit, IX.

Niemand weiß, dass ich mit dir verabredet war. Niemand weiß, dass wir zusammen waren, dass ich dich liebe, dass ich vor Liebe schreien und alles für dich zerreißen könnte. Unsere Familien werden sich irgendwann Sorgen machen. Unsere Telefone sind wahrscheinlich mit Nachrichten voll. Sie müssen sich sagen, dass etwas passiert ist, dass es nicht normal ist. Vielleicht haben sie schon in den Krankenhäusern angerufen? Sie werden unsere Spuren finden. Es wird eine Weile dauern, aber sie werden es schaffen. Was sie nicht wissen werden, ist, dass wir uns in dem Moment, in dem wir getroffen wurden, gegenüberstanden, dass ich deinen Arm gestreichelt habe, dass es dich gekitzelt hat und dass du kurz vor dem Maschinengewehrfeuer gelacht hast, ein Lachen, das noch in mir ist. Ich wünschte, man würde uns zusammen finden, auf derselben Bahre, in demselben Krankenhausbett. Ich möchte, dass man weiß, dass ich mich in dem Moment, in dem wir gestorben sind, nach dir gesehnt habe und dass ich diesen Geschmack mit mir genommen habe.

Er ist immer noch da, der Gott des Schicksals. Nicht mehr lange, das weiß er, also nimmt er sich alle Zeit der Welt, um seine letzten Schritte zu tun. Er spielt nicht mehr mit Patronen und der Flugbahn von Schüssen, sondern mit Listen. Er verschiebt einen Namen, fügt einen anderen hinzu. Wer wird auf der Liste der Toten stehen? Und wer wird es schaffen?

Ich wusste es sofort. Als ich in das Büro der Polizeistation kam und der Polizist mich ansah, wusste ich sofort, dass er mir sagen würde, dass du nicht mehr da bist. Ich werde nie darüber hinwegkommen. Die Leute sagen, dass ich durchhalten muss. Dass die Zeit ihre Wirkung zeigen wird. Dass man auf der Seite des Lebens stehen muss, dass ich das Lila schulde. Aber sie wissen nicht, dass wir uns nach einem Streit getrennt haben. Dass du, als ich dich das letzte Mal gesehen habe, wütend warst. Dass ich mir gewünscht habe, dass dieser Abend schiefgeht, um dir eine Lektion zu erteilen. Sie wissen nicht, dass das letzte Bild, das ich von dir habe, dein verkrampftes Gesicht auf der Türschwelle ist, als du ohne Kuss weggingst. Du bist wütend gestorben. Ich werde nie darüber hinwegkommen.

Nein, Gabriel. Ich bin nicht wütend gestorben. In den letzten Momenten habe ich dich um Verzeihung gebeten. Ich dachte an unseren Streit, an die Worte, die ich mit zusammengebissenen Zähnen ausgesprochen hatte. In den letzten Augenblicken betete ich, dass du mir nicht böse sein würdest, dass du wissen würdest, dass unsere Liebe all das wegspülen würde. Ich habe dich geliebt, Gabriel. Voll und ganz. Voller Freude. In den letzten Augenblicken wurde ich von dem Bild unserer Tochter überwältigt. Ich klammerte mich nicht mehr an das Leben. Ich wusste, dass es das Ende war. Ich wollte nur noch von unserer kleinen Lila erfüllt sein. Und das habe ich getan. Ich bitte dich um Vergebung, meine Tochter. Ich verlasse dich, aber das ist nicht das, was ich wollte. Ich lasse dich bei deinem Papa. Der wird sich um dich kümmern. Ich bitte dich um Verzeihung für alles, was ich dir nicht beibringen kann, für all die Augenblicke, die ich nicht an deiner Seite erleben werde, für meine Arme, die ich dir gegen meinen Willen entziehe. Du musst erwachsen werden. Du musst eine starke und strahlende junge Frau werden. Die ihren eigenen Weg und ihre eigenen Entscheidungen treffen wird. Du musst vor allem frei sein. Denn das ist es, wofür ich sterbe. Diejenigen, die mich getötet haben, wollten uns zwingen, wollten unsere Freiheit bestrafen, aber ich habe dir nicht das Leben gegeben, damit du unterwürfig bist, Lila. Jedes Lächeln, das du zeigst, wird ein Sieg sein. Jedes Glas, das du auf der Terrasse eines Cafés trinkst, ist eine Rache. Dein Vater wird dir alles beibringen. Ich bitte dich um Verzeihung, dass du ohne mich aufwachsen musstest. Ich hätte dich geliebt, so sehr geliebt, zweifle nie daran, meine Tochter, mein kleines Mädchen, das nicht mehr meins ist. Ich hätte dich noch so lange lieben mögen…

Kai Nonnenmacher

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