Stillstand und Vollendung: Jean-Philippe Toussaint, „La disparition du paysage“ und „L’instant précis où Monet entre dans l’atelier“. Die beiden Kurztexte sind explizite Auseinandersetzungen mit dem Sterben und dem aufgeschobenen Abschluss des eigenen Werks.
LesenKategorie: 2021
Flaubert im Bade
Am 12. Dezember 2021 wurde der 200. Geburtstag von Gustave Flaubert begangen. Ganz im Sinne von Robbe-Grillet erscheint unser Autor in einer ganzen Zahl an Romanen als „Textfigur“.
LesenOrpheus in Berlin, die Stadt der Seen als Super-8-Film
Sébastien Berlendis nimmt in „Seize lacs et une seule mer“ Berlins Geschichte im Spiegel seiner Landschaft zum Thema. Das Sommerbuch folgt den Spuren einer Frau von See zu See und zeichnet dabei ein geradezu bukolisches Berlin. Weißer See. Langer See. Müggelsee. Wannsee. Teufelssee.
LesenMusik-Fiktionen: Kerangal mit Pinget, Garcia und Reza
Maylis de Kerangals „Canoës“ bündelt einige der Dimensionen musikalischer Bezüge bei Pinget, Garcia und Reza, zum einen die semiotisch-formale Strukturierung und Arbeit der intertextuellen Bezüge, dann aber auch die tiefe Verbindung von Musikalität und Körperlichkeit, eigener Identität und musikalischer Erlebnisdimensionen. Resonanz meint, wenn ein Körper mit einem anderen mitschwingt oder mittönt, etwa bei den Bordunsaiten von Lauten.
LesenEnde der Welt, Klimafiktion, Götterdämmerung
Reverdys „Climax“ führt im Norden Norwegens zerstörte Natur bei einem Fischerdorf vor, mit sterbenden Bären und Fischen, schmelzenden Gletschern und einem Unfall auf der Ölplattform. Wie in der nordischen Legende findet ein Kampf zweier Prinzipien statt. Das Ende der Welt wird in dem so düsteren wie schönen dystopischen Roman eingeläutet.
LesenAfrika, Europa und der dritte Kontinent
Der senegalesische Autor Mohamed Mbougar Sarr legt mit seinem fünften Buch einen weiteren Baustein seiner politischen Literatur vor, neben Themen bisheriger Bücher wie Migration nach Sizilien (Silence du chœur), Homosexualität im Senegal (De purs hommes), Dschihadismus in der Sahelzone (Terre ceinte) tritt nun mit „La plus secrète mémoire des hommes“ die Literatur selbst in seinen Fokus.
LesenMaske, Porträt, vergrößert, unscharf
Célia Houdart liefert ein gegenseitiges Doppelporträt zweier Fotografen, die das Buch „Journée particulière“ motivieren. Houdart reflektiert die ästhetischen Zugänge zur Welt, die mit der Fotografie möglich geworden sind. Ein flüchtiger Blick, der den kurzen Szenen ihres Schreibens entsprechen mag.
LesenErinnerungsblitze – und Vergessen: Proust und Modiano
Patrick Modiano zu lesen, wie ein Werk, in der Zeit strukturiert und sich erneut der Erinnerung und dem Verschwinden stellend, das lässt ihn als „ein Marcel Proust unserer Zeit“ erscheinen, in der Formulierung des Ständigen Sekretärs der Schwedischen Akademie, Peter Englund.
LesenKulturelle Aneignung als Tragikomödie der Generationen
Der frisch pensionierte Geschichtsprofessor mit Hang zum Alkohol, geschieden, ist der Protagonist von Abel Quentins zweitem Roman, „Le Voyant d’Étampes“, den die konservative Presse wie der Figaro und Valeurs actuelles bereits als Menetekel der Cancel Culture feiert – Quentin persifliert die medialen Reaktionen auf Jean Roscoffs Buch und nimmt damit auch die Debatte um seinen eigenen Roman vorweg.
LesenSchüler: verbannter Engel
Jérôme Chantreau schreibt als Lehrer in der fiktionalen Form seine Untersuchung eines realen Todesfalls des Jahres 2013, der seines Schülers Antoine-Bélhazar Jaouen im Baskenland. Dabei will er nicht über die jugendliche Figur einen Sittenroman der zeitgenössischen Gesellschaft schreiben will, sondern konzentriert sich auf den titelgebenden toten Schüler selbst.
LesenProvinz im Niedergang: eine Art Inventar der Tiefen unseres Landes
„Arrière-pays“, der zweite Band 2021 einer Trilogie, nimmt die Form eines Thrillers an, räumlich wird das „Hinterland“, die trostlose Provinz Frankreichs beschworen. Hier wird ein polnischer Lastwagenfahrer tot aufgefunden, und aus diesem Mord entwickelt sich eine Schockwelle in die französische Provinzgesellschaft.
LesenDas große Schweigen im Vater-Prozess, im Barbie-Prozess
Der Roman „Enfant de salaud“ verknüpft Chalandons Auseinandersetzung mit der großen Geschichte – dem Schlächter von Lyon Klaus Barbie – und mit intimer Familiengeschichte – dem eigenen, 2014 verstorbenen Vater, der bereits 2015 Gegenstand des Romans „Profession du père“ war.
LesenAlgerien, inneres Land
In ihrem zweiten Roman „Soleil amer“ befasst sich Lilia Hassaine mit der Frage der Integration (bzw. der Ausgrenzung) der algerischen Bevölkerung der ersten Generation in die französische Gesellschaft zwischen den frühen 1960er und den späten 1980er Jahren: In den späten 1950er Jahren zieht Naja in der Region Aurès in Algerien ihre drei Töchter allein auf, seit ihr Mann Saïd zum Arbeiten nach Frankreich rekrutiert wurde.
LesenGleichzeitig zu existieren
Ein einziger Tag, so viele Leben gleichzeitig, sechs Figuren (Vater und Sohn, Dorris, Magda, Ahmad und Stan) in ihren konkreten Lebensmomenten und viele Nebenfiguren werden in Montalbettis Roman „Ce que c’est qu’une existence“ zu einem Chor, zu einer Vielfalt synchroner Existenzen zusammengeführt: ein Rennen, ein Vermissen, ein Krankenhausaufenthalt, eine Migration, ein Umherwandern, und die Autorin komponiert aus der Gleichzeitigkeit dieser Szenen einen rhythmisierten Text.
LesenTelerealität-Fiktionen von Bellanger und de Vigan
Die beiden Romane von Delphine de Vigan, Les enfants sont rois, und von Aurélien Bellanger, Téléréalité, erscheinen zwanzig Jahre nach dem französischen Einstieg in das neue Fernsehen. Bellangers Ausgangspunkt für sein Buch war nach eigenen Aussagen der Verkauf von Endemol, bei Delphine de Vigan war es die Erkenntnis durch eine Fernsehsehndung, dass es Kinder gibt, die als sehr junge Youtube-Influencer wie Stars gehandelt werden.
LesenNews-Roman vom perfekten Gefangenen
Protagonist im Roman „Ne t’arrête pas de courir“ des Gefängnisreporters Palain ist das fünfte von acht Kindern, der Leichtathlet Toumany Coulibaly, der 2015 nach einer Einbruchsserie festgenommen und in der Folge mehrfach verurteilt wurde.
LesenJaurès getötet, geträumt
Die Ermordung von Jean Jaurès im Jahr 1914 ist ein zentrales Thema im Roman von Thierry Froger, „Et pourtant ils existent“. In abschnittslosen Kurzkapiteln mit schnellen Perspektivwechseln arbeitet der Roman nochmals am nationalen Mythos.
LesenPhotoautomat und Schlemihl
Und Dich, mein lieber Chamisso, hab ich zum Bewahrer meiner wundersamen Geschichte erkoren, auf daß sie vielleicht, wenn ich von der Erde verschwunden bin, manchen […]
LesenSchlaflos: Covid, Lautréamont, Trump, Poesie
Der Verlag P.O.L. kündigt mit Darrieussecqs Roman Pas dormir eine Poetik der Schlaflosigkeit an, die seit vielen Jahren auch das Leben der Autorin bestimmt: « […]
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